Rz. 1

§ 105 FGO regelt die Abfassung, also Form und Inhalt gerichtlicher Entscheidungen. Er findet nicht nur auf Urteile, sondern sinngemäß auch auf Gerichtsbescheide[1] und Beschlüsse Anwendung[2].

 

Rz. 2

Aus § 105 Abs. 2 Nr. 4 und 5 FGO ergibt sich ein Begründungszwang für gerichtliche Entscheidungen. Dieser dient in erster Linie dem Zweck, den Beteiligten die Feststellungen und Überlegungen der richterlichen Entscheidung einsehbar und nachvollziehbar zu machen[3]. Damit trägt die Begründung zur Akzeptanz der Entscheidung und zum Rechtsfrieden bei. Daneben stellt der Begründungszwang ein Gegengewicht zur richterlichen Unabhängigkeit dar, da die Begründung der richterlichen Selbstkontrolle dient. Nicht zuletzt dient der Begründungszwang dazu, den Beteiligten eine Grundlage für ihre Entscheidung zu liefern, ob sie Rechtsmittel einlegen wollen, und die Rechtsmittelinstanz soll in die Lage versetzt werden, die Entscheidung zu überprüfen[4].

 

Rz. 3

Der Begründungszwang kann Bedeutung für den Rechtsverkehr insgesamt, etwa durch die Information der Öffentlichkeit über Stand und Entwicklungstendenzen der Rspr., haben[5]. Dies ist allerdings bloß eine mögliche Nebenfolge des § 105 FGO. Die Begründung gerichtlicher Entscheidungen hat sich am Einzelinteresse der Beteiligten und nicht am öffentlichen Interesse auszurichten. Das Urteil soll nicht für die Veröffentlichung geschrieben werden, sondern um das Rechtsschutzbegehren des Klägers für die Prozessbeteiligten überzeugend abzuhandeln. Ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit mag dabei in einzelnen Fällen, insbesondere bei Entscheidungen des BFH über Grundsatzrevisionen oder auch bei Beschlüssen des Großen Senats beim BFH[6], mitbedacht werden.

[2] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 113 FGO Rz. 4; Lange, in HHSp, AO/FGO, § 105 FGO Rz. 5.
[4] v. Groll, in Gräber, FGO, § 105 FGO Rz. 11 m. w. N.; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 105 FGO Rz. 1.
[5] Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 105 FGO Rz. 1; Brandt, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 105 FGO Rz. 3.

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