Rz. 14
Über den Ergänzungsantrag ist in der gleichen Form zu entscheiden, in der die Entscheidung getroffen wurde, deren Ergänzung beantragt ist. Bei der Ergänzung eines Urteils wird daher über den Ergänzungsantrag durch Urteil entschieden, das entsprechend § 109 Abs. 2 S. 2 FGO nicht den gesamten Streit wieder aufnimmt, sondern sich nur mit dem übergangenen Antrag bzw. der übergangenen Nebenentscheidung befasst. Es ergeht ein Urteil unabhängig davon, ob dem Antrag stattgegeben oder ob der Antrag abgelehnt wird. Weil nur der nicht erledigte Teil des Rechtsstreits Gegenstand des Ergänzungsurteils ist, muss die Besetzung des Gerichts nicht mit derjenigen identisch sein, die über den bereits erledigten Teil entschieden hat (Rz. 17). Ein offensichtlich unzulässiger Ergänzungsantrag soll allerdings entsprechend dem Rechtsgedanken aus § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung in der Besetzung von drei Berufsrichtern verworfen werden können. Das Ergänzungsurteil ist ein selbständiges Teilurteil, das in der Regel unabhängig vom Haupturteil mit der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Revision anfechtbar ist (Rz. 18). Werden das ergänzte und das Ergänzungsurteil mit der Revision angegriffen, so sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsmittels für beide Revisionen gesondert zu prüfen. Bei der Ergänzung eines Beschlusses wird über den Ergänzungsantrag durch Beschluss entschieden. Gegenstand der Entscheidung über den Ergänzungsantrag ist gem. § 109 Abs. 2 S. 2 FGO allein der nicht erledigte Teil des Rechtsstreits. Das ursprüngliche Urteil muss im Übrigen unberührt bleiben.
Rz. 15
Die Entscheidung über einen Antrag auf nachträgliche Ergänzung nach § 109 FGO ergeht gerichtsgebührenfrei. Dennoch soll einer Ergänzungsentscheidung nach § 109 FGO eine Kostenentscheidung beigefügt werden. Eine Kostenentscheidung dürfte aber nicht veranlasst sein, wenn – mit Ausnahme etwaiger Reisekosten aufgrund einer erneuten mündlichen Verhandlung (Rz. 16) oder einer geänderten Kostenquote – auch keine zusätzlichen außergerichtlichen Kosten entstehen. Ein Ergänzungsverfahren nach § 109 FGO ist allerdings nach Rücknahme eines Ergänzungsantrags zu statistischen Schlussbehandlung in entsprechender Anwendung des § 72 FGO einzustellen.
Rz. 16
Nach § 109 Abs. 2 S. 2 FGO erfordert eine Ergänzung eines aufgrund mündlicher Verhandlung ergangenen Urteils ebenfalls eine erneute mündliche Verhandlung. Nach der mit Wirkung zum 1.1.2020 auch für bereits anhängige Verfahren geltenden Neuregelung des § 109 Abs. 2 S. 3 FGO kann das Gericht aber von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn mit der Ergänzung des Urteils nur über einen Nebenanspruch oder über die Kosten entschieden werden soll und wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert. Diese Regelung dient der Förderung einer effizienten Verfahrensführung ohne Einbußen des Rechtsschutzes. Die vom Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung über das Absehen von einer mündlichen Verhandlung in Anbetracht der Bedeutung der Sache dürfte hinsichtlich der Nebenansprüche und Kosten regelmäßig anzunehmen sein. Unabhängig hiervon soll über den Antrag auf Ergänzung eines Urteils auch dann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn das zu ergänzende Urteil mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist. Der Verzicht der Beteiligten auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wirkt für die Entscheidung nach § 109 FGO fort. Dies dürfte allerdings nur zu ergänzende Entscheidungen des BFH betreffen. Denn das Übergehen eines Sachantrags in erstinstanzlichen Urteilen der FG ohne mündliche Verhandlung kann nur im Rahmen einer Verfahrensrüge im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde oder bei zugelassener Revision im Revisionsverfahren geltend gemacht werden (Rz. 1).
Rz. 17
Zuständig für die Entscheidung über den Ergänzungsantrag ist das Gericht, welches das unvollständige Urteil bzw. den unvollständigen Beschluss erlassen hat. Über die Ergänzung von Urteilen entscheidet das Gericht unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richtern nach § 5 Abs. 3 FGO, wobei die dann nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter mitwirken.