4.1 Grundlagenbescheide (Feststellungsbescheide)
Rz. 10
Vorläufiger Rechtsschutz bei Grundlagenbescheiden wird durch Aussetzung der Vollziehung – des Grundlagenbescheids – gewährt, die bindend für den Folgebescheid ist (vgl. § 69 FGO Rz. 65). Das gilt auch, soweit in einem Feststellungsbescheid ein Verlust festgestellt wird. Infolgedessen ist die einstweilige Anordnung nicht statthaft.
Auch gegen negative Feststellungsbescheide ist nur die Aussetzung der Vollziehung gegeben. Mit einem negativen Feststellungsbescheid wird verbindlich festgestellt, dass ein Feststellungsbescheid nicht erteilt wird und bei Erlass des Folgebescheids keine Einkünfte (meist negative) aus dem fraglichen Rechtsverhältnis berücksichtigt werden dürfen, z. B. weil den Gesellschaftern einer Personengesellschaft aufgrund ihrer eingeschränkten Gesellschafterrechte die Mitunternehmereigenschaft fehlt.
Der BFH hatte 1987 seine bis dahin geltende Rspr., wonach gegen negative Feststellungsbescheide einstweiliger Rechtsschutz nur im Weg der einstweiligen Anordnung gewährt werden konnte, aufgegeben.
Der BFH begründet seine Rechtsauffassung damit, dass die Wirkung eines negativen Gewinnfeststellungsbescheids sich nicht in einer bloßen Negation erschöpfe. Der Bescheid beinhalte die Feststellung, dass ein Anspruch auf Zurechnung der geltend gemachten Besteuerungsgrundlage nicht bestehe. Mit diesem Inhalt werde der Bescheid, wenn er nicht angefochten werde, bestandskräftig und erwachse durch das ihn bestätigende finanzgerichtliche Urteil in Rechtskraft mit der Folge, dass die negative Feststellung in den Veranlagungsverfahren der Gesellschafter zu beachten sei. Daher sei es folgerichtig, die Vorschriften über die Aussetzung der Vollziehung von Grundlagenbescheiden auch auf negative Gewinnfeststellungsbescheide anzuwenden.
4.2 Folgebescheide
Rz. 11
Folgebescheide sind vollziehbare Verwaltungsakte. Infolgedessen ist zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur die Aussetzung der Vollziehung statthaft, die aber im Verfahren gegen den Grundlagenbescheid anzuordnen ist. Erhebt der Stpfl. Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Grundlagenbescheids, kann der Folgebescheid nicht ausgesetzt werden. Nur in diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung in Betracht kommen.
Vollstreckt das für den Folgebescheid zuständige FA und beansprucht der Vollstreckungsschuldner Vollstreckungsaufschub, ist für die Entscheidung über den Erlass einer einstweiligen Anordnung dieses FA zuständig.
4.3 Vorauszahlungsbescheide
Rz. 12
Gegen die Ablehnung eines Antrags auf Herabsetzung von Steuervorauszahlungen ist die einstweilige Anordnung statthaft.
4.4 Lohnsteuerermäßigungsverfahren
Rz. 13
Die Eintragung eines Freibetrags auf der LSt-Karte ist die gesonderte Feststellung einer Besteuerungsgrundlage, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Weigert sich das FA, einen Freibetrag einzutragen, und lehnt es einen entsprechenden Antrag ab, so ist in der Ablehnung ein negativer Feststellungsbescheid zu sehen, gegen den nach der neueren Rspr. des BFH vorläufiger Rechtsschutz nur im Weg der Aussetzung der Vollziehung zu erlangen ist. Die früher in Rspr. und Lit. vertretenen Auffassungen sind damit überholt. Im Übrigen fiele es schwer, angesichts der für eine einstweilige Anordnung geltenden Voraussetzungen in der Versagung eines Freibetrags einen Anordnungsgrund zu sehen. Ein möglicher Anordnungsgrund könnte allenfalls in wirtschaftlichen oder andereren persönlichen Gründen des Antragstellers liegen.
4.5 Erstattung von Vorsteuern
Rz. 14
Begehrt der Antragsteller die Erstattung von Vorsteuern, ist gegen die Ablehnung als vorläufiger Rechtsschutz die Aussetzung der Vollziehung gegeben. Eine einstweilige Anordnung kommt nicht in Betracht, weil dies die Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache bedeuten würde. Auch hier würde nur im Ausnahmefall ein Anordnungsgrund denkbar sein.
4.6 Vollstreckungsmaßnahmen
Rz. 15
Vollstreckungsmaßnahmen sind Verwaltungsakte. Infolgedessen können sie ausgesetzt werden, sodass vorläufiger Rechtsschutz durch einstweilige Anordnung grundsätzlich ausscheidet. So kann die Aufhebung einer Pfändungsmaßnahme nicht im Weg der einstweiligen Anordnung erreicht werden. Soweit jedoch erkennbar ist, dass der Vollstreckungsschuldner die Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung anstrebt, ist der Antrag auf einstweilige Anordnung zulässig, weil damit im Ergebnis eine Maßnahme nach § 258 AO begehrt wird.