Rz. 65
Über die Zulassung der Revision entscheidet das FG durch eine prozessuale Nebenentscheidung von Amts wegen; eines Antrags der Beteiligten bedarf es nicht. Die Entscheidung über die Zulassung trifft der Senat in der jeweiligen Besetzung, bei einer Einzelrichter-Entscheidung ist der Einzelrichter zuständig. Liegt ein Zulassungsgrund i. S. d. § 115 Abs. 2 FGO vor, muss das FG die Revision zulassen. Die Entscheidung steht nicht im Ermessen des FG (Rz. 14). Der Ausspruch über die Revisionszulassung hebt die gesetzliche Zulassungssperre auf, d. h., er ist für den Zugang zum BFH von konstitutiver Bedeutung. Die Zulassung muss daher ausdrücklich erfolgen, und zwar im Urteil selbst, d. h. auch in der gleichen Besetzung. Die Zulassungsentscheidung wird i. d. R. in den Tenor aufgenommen. Sie kann aber auch in den Gründen – i. d. R. am Ende – ausgesprochen werden.
Wurde die Revision weder im Tenor noch in den Gründen ausdrücklich zugelassen, ist sie versagt. Dementsprechend ist das FG-Urteil hinsichtlich der Entscheidung über die Zulassung nicht unvollständig i. S. v. § 119 Nr. 6 FGO. Die Zulassung durch einen besonderen, nachträglichen Beschluss ist auch bei einem versehentlichen Unterlassen der Zulassungsentscheidung unzulässig. § 109 FGO (Urteilsergänzung) ist nicht entsprechend anwendbar, da die Nichtzulassungsbeschwerde als spezieller Rechtsbehelf vorgeht. Unter den Voraussetzungen des § 107 FGO ist eine Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit möglich. Das setzt voraus, dass das FG die Zulassung tatsächlich beschlossen hat und dies sich aus dem Urteil selbst oder aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung – z. B. aus dem Protokoll – klar ergibt.
Lässt das FG die Revision zu, ist diese Entscheidung nicht anfechtbar. Nur gegen die Nichtzulassung ist die Beschwerde – Nichtzulassungsbeschwerde – gegeben.
Das FG braucht seine Entscheidung über die Revisionszulassung nicht zu begründen. Sowohl die – ausdrückliche oder konkludente – Versagung der Zulassung als auch die ausdrückliche Stattgabe müssen im FG-Urteil nicht mit Gründen versehen werden. Das Fehlen einer Begründung berührt die Wirksamkeit der Nichtzulassungsentscheidung nicht. Häufig wird nur verwiesen, auf welchem gesetzlichen Grund die Zulassung beruht bzw. dass ein bestimmter Grund nicht gegeben ist.
Obwohl das FG von Amts wegen über die Zulassung zu entscheiden hat, ist in jedem Fall, wenn eine Revision beabsichtigt ist, eine ausdrückliche Anregung an das Gericht auf Zulassung der Revision für den Fall des (teilweisen) Unterliegens unter Hinweis auf einen Zulassungsgrund zweckmäßig. Zum einen kann dadurch das zeitaufwendige und wegen der formalen Voraussetzungen an die Darlegung eines Zulassungsgrunds nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO mit nicht unerheblichen prozessualen Hürden – und möglicherweise auch Kosten – belastete Nichtzulassungsbeschwerde-Verfahren vermieden werden. Zum anderen zeigt die Praxis, dass die FG – häufig auch unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter – die an sich strengen Zulassungskriterien weniger akkurat als der BFH anwenden. Die vor dem FG bereits erreichte Zulassung ist dann für den BFH bindend.
Ferner sollte beim FG eine, wenn auch kurze, Begründung der Entscheidung über die Zulassung bzw. Nichtzulassung angeregt werden; dies kann die Begründung der Revision bzw. der Nichtzulassungsbeschwerde erleichtern. In der Praxis neigen die FG im Übrigen nicht selten dazu, bereits im Zulassungsverfahren Gesichtspunkte der Erfolgsaussicht der Revision mit zu berücksichtigen; auch deshalb lassen sich aus der Zulassungsentscheidung häufig schon wertvolle Hinweise für das künftige Verfahren gewinnen. In der Praxis wird, wenn es nicht ausdrücklich beantragt wird, die Entscheidung des FG über die Zulassung regelmäßig nicht mit Gründen versehen. Da das FG über die Zulassung von Amts wegen zu entscheiden hat, handelt es sich bei einem Antrag auf Revisionszulassung nicht um einen formellen Antrag, sondern um eine bloße Anregung an das FG, die ihm von Amts wegen obliegende Entscheidung in dem gewünschten Sinne zu treffen.