4.4.1 Fristberechnung
Rz. 26
Die Begründungsfrist beträgt, wenn die Revision bereits in dem angefochtenen FG-Urteil zugelassen worden ist, zwei Monate ab Zustellung des vollständigen Urteils. Dass Gleiche gilt, wenn das FG durch Gerichtsbescheid entschieden und die Revision zugelassen hat. Es handelt sich um eine selbstständige Frist, die – anders als früher – nicht mehr an den Ablauf der Einlegungsfrist anschließt. Es kommt daher nicht auf den Ablauf der Einlegungsfrist an. Nicht entscheidend ist auch, wann die Revision eingelegt worden ist.
In den Fällen der automatischen Überleitung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens in das Revisionsverfahren nach § 116 Abs. 7 FGO (Rz. 17) beträgt die Begründungsfrist für den Beschwerdeführer einen Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Revisionszulassung, für die übrigen Beteiligten zwei Monate.
Auf den Fristbeginn ist die nur für die Bekanntgabe von Verwaltungsakten geltende Drei-Tages-Fiktion nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht anwendbar. Ob der Fristbeginn auf einen Sonntag, Feiertag oder Sonnabend fällt, ist daher unerheblich.
Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist (erstmalig) vorgetragene Rügen können nicht berücksichtigt werden. Eine rückwirkende Heilung ist nicht möglich. Das gilt auch für die absoluten Revisionsgründe i. S. v. § 119 FGO. Nach Fristablauf sind lediglich Klarstellungen und Erläuterungen zu beachten.
Fehlt in dem rechtlichen Hinweis nach § 116 Abs. 7 S. 3 FGO die Belehrung über die Begründungsfrist oder ist der Hinweis insoweit unrichtig, beginnt die reguläre Begründungsfrist nicht zu laufen. Sie endet aber spätestens nach einem Jahr, § 55 Abs. 2 S. 1 FGO; die Grundsätze gelten entsprechend. Wird wegen Verletzung zwingender Zustellungsfristen die Begründungsfrist nicht in Lauf gesetzt, ist i. d. R. nach Ablauf eines Jahres die Befugnis zur Revisionsbegründung verwirkt.
Der Lauf der Begründungsfrist wird durch einen Antrag, das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, und durch die Anordnung nicht berührt. Anders bei einer Unterbrechung des Verfahrens.
4.4.2 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Rz. 27
Nach der Neufassung des Abs. 2 durch das 2. FGOÄndG läuft die Begründungsfrist unabhängig von der Einlegungsfrist. Der Lauf der Begründungsfrist wird demnach von der Versäumung der Einlegungsfrist nicht beeinflusst. Wurde die Einlegungsfrist versäumt und insoweit Wiedereinsetzung beantragt, ist die Revision, sofern die Begründungsfrist noch läuft, somit gleichwohl innerhalb der Frist zu begründen, bzw. es ist (innerhalb der Begründungsfrist) ein Antrag auf Fristverlängerung zu stellen. Ist auch die Begründungsfrist versäumt, ist hinsichtlich der Begründungsfrist ebenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen; vgl. BFH v. 18.5.1994, I R 111/93, BStBl II 1995, 24 unter Darstellung der bisherigen Rspr. auch des BVerwG. Bei Versäumung der Einlegungs- und der Begründungsfrist muss sonach innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist von 2 Wochen für die Revisionseinlegung nicht nur die Revision eingelegt werden. Innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist für die Revisionsbegründung von einem Monat ist auch die Revisionsbegründung einzureichen.
Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn dem Antrag auf Wiedereinsetzung ein selbstständiges Verfahren (PKH-Verfahren) vorausgegangen ist. Dann beginnt die zweimonatige Begründungsfrist mit der Zustellung des Beschlusses über die Gewährung der PKH. Es genügt nicht, innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist einen (erneuten) Antrag auf Fristverlängerung zu stellen. Für einen derartigen Antrag kann Wiedereinsetzung nicht erlangt werden.
Wegen der Versäumung der Begründungsfrist kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, sofern die Frist ohne Verschulden versäumt worden ist. Nach der Beseitigung der bislang in der Rspr. bestehenden Unklarheiten über den Beginn der Revisionsbegründungsfrist bei Versäumung der Einlegungsfrist rechtfertigt ein Irrtum über den Lauf der Begründungsfrist in diesen Fällen eine Wiedereinsetzung nicht mehr. Vertraut der Bevollmächtigte auf den Fristverlängerungsantrag eines früheren Bevollmächtigten bzw. sieht er wegen Sequestration keinen Handlungsbedarf, liegt keine schuldlose Fristversäumnis vor.
Die Revisionsbegründungsfrist gehört nicht zu den üblichen, häufig vorkommenden und einfach zu berechnenden Fristen. Der Prozessbevollmächtigte ist daher bei der Prüfung und Überwachung des Personals zu besonderer Sorgfalt verpflichtet. Jedes Verschulden – auch einfach...