2.1 Unmittelbare – entsprechende Anwendung
Rz. 3
Die Vorschriften über die Gerichtsverfassung (I. Teil der FGO), die die Organisation der Finanzgerichtsbarkeit regeln, sind unmittelbar anwendbar, soweit sie sich auf den BFH beziehen und nicht – wie z. B. § 6 FGO (Einzelrichter) – lediglich das Verfahren vor dem FG betreffen.
Die "Allgemeinen Verfahrensvorschriften" des Abschn. II finden unmittelbare Anwendung, sofern sie nicht für das Revisionsverfahren bedeutungslos sind, wie z. B. § 51 Abs. 2, 3 FGO (Bestimmungen über die ehrenamtlichen Richter), oder durch die Vorschriften des Revisionsverfahrens ausdrücklich ausgeschlossen werden, z. B. § 57 FGO. Mit Einschränkungen anwendbar ist § 60 FGO. § 62 FGO (Bevollmächtigte) ist modifiziert anwendbar aufgrund der Spezialregelung über den Vertretungszwang vor dem BFH gem. § 62 Abs. 4 FGO.
Nach § 121 S. 1 FGO sind die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug und über Urteile und andere Entscheidungen entsprechend anzuwenden, soweit sich aus den Revisionsvorschriften nichts anderes ergibt. Der Zweck des Revisionsverfahrens, das erstinstanzliche Urteil lediglich auf Rechtsfehler und Verfahrensverstöße hin zu prüfen, kann eine entsprechende Anwendung versagen.
2.2 Anwendung einzelner Verfahrensvorschriften
2.2.1 Gerichtsverfassung (§§ 1–39 FGO)
Rz. 4
- §§ 3–5 FGO: nicht anwendbar, da die Organisation der FG betreffend.
- § 6 FGO: nicht anwendbar, da die Regelung nach der systematischen Stellung im Anschluss an § 5 FGO nur die FG betrifft. Entscheidungen durch den Einzelrichter sind dem BFH verwehrt. Nach der senatsinternen Geschäftsverteilung wird beim BFH für jeden Fall ein Berichterstatter bestimmt. Dieser bereitet die Beratung durch den Senat vor und erarbeitet einen Entscheidungsvorschlag. Die Entscheidung selbst wird jedoch durch den Senat getroffen, d. h. durch die Abstimmung der einzelnen Senatsmitglieder. Der Berichterstatter allein kann keine Entscheidung treffen.
- §§ 16–30 FGO: nicht anwendbar; ehrenamtliche Richter gibt es nur bei den FG.
- §§ 35, 38 FGO: nicht anwendbar; geregelt ist die sachliche und örtliche Zuständigkeit der FG.
2.2.2 Allgemeine Verfahrensvorschriften (§§ 51–62 FGO)
Rz. 5
Der 2. Teil der FGO regelt das Verfahren von der Klage bis zu den Rechtsmitteln und zur Wiederaufnahme. § 121 S. 1 FGO verweist auf die im 2. Abschnitt enthaltenen allgemeinen Verfahrensvorschriften, die unmittelbar nicht nur für das FG-Verfahren, sondern auch für das Verfahren vor dem BFH anwendbar sind, soweit sie nicht lediglich das Verfahren vor dem FG betreffen.
§ 121 S. 1 FGO verweist nicht auf den 1. Abschnitt, das Klageverfahren.§ 50 FGO (Klageverzicht) ist daher nicht unmittelbar anwendbar. Ein wirksamer Klageverzicht führt zur Bestandskraft des angefochtenen Verwaltungsakts mit der Folge, dass eine gleichwohl erhobene Klage unzulässig ist. Der Klageverzicht ist daher auch im Revisionsverfahren zu beachten. Im Übrigen ist § 50 FGO, da § 121 FGO nicht darauf verweist, im Revisionsverfahren nicht anwendbar. Die Zulässigkeit des Verzichts auf die Einlegung der Revision ergibt sich aus § 155 FGO i. V. m. §§ 515, 565 ZPO. Der Verzicht kann auch noch nach Revisionseinlegung erklärt werden. Er führt zur Unzulässigkeit der Revision. Eine im Rahmen der Revisionsbegründung ausgesprochene Beschränkung des Revisionsantrags ist zulässig und führt weder zu einer Teilrücknahme des Rechtsmittels noch zu einem Revisionsverzicht.
- § 51 FGO: anwendbar, ausgenommen § 51 Abs. 2, 3 FGO (betr. ehrenamtliche Richter).
- § 52 FGO: anwendbar (betr. Sitzungspolizei).
- § 52a FGO: Seit 1.4.2005 können in allen Verfahrensarten auch vor dem BFH elektronische Dokumente eingereicht werden.
- § 52b FGO: Elektronisch geführte Prozessakten. Seit 1.9.2022 arbeiten sämtliche Senate des BFH mit der elektronischen Gerichtsakte, obwohl dies gesetzlich verbindlich erst ab 2026 vorgesehen ist.
- § 52c FGO: Verordnungermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Einführung elektronischer Formulare in allen durch die FGO eröffneten Verfahren, somit auch im Revisionsverfahren des BFH.
- § 52d FGO: Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Behörden und vertretungsberechtigte Personen. "Berufsmäßige" Verfahrensbeteiligte, für die ein besonderes elektronisches Postfach eingerichtete ist (Rechtsanwälte ab 1.1.2022, Steuerberater ab 1.1.2023), haben in allen durch die FGO eröffneten Verfahren, somit auch gegenüber dem BFH, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen elektronisch zu übermitteln.
- §§ 53–56 FGO: Zustellung, Fristen, Wiedereinsetzung; anwendbar.
- § 57 FGO: nicht anwendbar; für die Verfahrensbeteiligten des Revisionsverfahrens gilt die Sonderregelung in § 122 FGO. Im Beschwerdeverfahren ist § 57 FGO entsprechend anwendbar.
- § 58 FGO: uneingeschränkt anwendbar.
- § 59 FGO: anwendbar; Verbindung mehrerer selbstständiger Klageverfahren verschiedener Kläger im Revisionsv...