Rz. 10
Sachliche Voraussetzung für die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Damit soll verhindert werden, dass die Staatskasse für leichtfertiges oder gar querulatorisches Prozessieren aufzukommen hat.
Der Gesetzgeber hat durch eine neuerliche Gesetzesänderung eine Legaldefinition des Begriffs der Mutwilligkeit gegeben. Mutwilligkeit sei "die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht".
An die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sind nicht die gleichen Voraussetzungen wie im Hauptsacheverfahren zu stellen. Anforderungen an die tatsächlichen und rechtlichen Darlegungen dürfen nicht überspannt werden. Die beabsichtigte Prozessführung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn sie – nach summarischer Prüfung durch das Gericht – eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bietet, dass der Antragsteller obsiegt. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar hält. Dabei kann von einem Antragsteller, der von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater vertreten wird, ein Mindestmaß an rechtlicher Begründung zu den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung verlangt werden.
Ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe darf allerdings nicht allein wegen mangelnder Erfolgsaussicht abgelehnt werden, wenn der Kläger erstmals im Klageverfahren Tatsachen vorträgt und Beweise anbietet.
Nach Auffassung des BFH ist eine Rechtsverfolgung dann mutwillig, wenn der Kläger erst im Klageverfahren die Steuererklärung vorlegt, nachdem das FA die Besteuerungsgrundlagen geschätzt und der Kläger auch im Einspruchsverfahren die Steuererklärung nicht eingereicht hat. Er scheint aber seine Ansicht wieder in Zweifel zu ziehen. Es ist zumindest dann keine Mutwilligkeit anzunehmen, wenn nur der getrennt lebende Ehegatte zur Abgabe von Steuererklärungen aufgefordert worden ist, sie nicht eingereicht hat und der andere Ehegatte im Klageverfahren gegen den Schätzungsbescheid geltend macht, nichts von der Aufforderung gewusst zu haben.
Legt das beklagte FA unwidersprochen die Gründe dar, die zur Versagung der beantragten Steuervergünstigung geführt haben, und wird dies nicht durch den – von einem Anwalt vertretenen – Kläger substantiiert bestritten, kommt Prozesskostenhilfe nicht in Betracht.
Mutwillig ist die Rechtsverfolgung, wenn ein verständiger Beteiligter, der nicht auf Prozesskostenhilfe angewiesen ist, seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen oder einen anderen, kostengünstigeren Weg wählen würde, z. B. den Folgebescheid nicht mit Einwendungen angreifen würde, die gegen den Grundlagenbescheid vorzubringen sind. Einfacher und kostengünstiger ist es auch, bei einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung einen Antrag auf Änderung der Festsetzung zu stellen. Erhebt ein Antragsteller dennoch Klage, obwohl er einen Antrag nach § 164 Abs. 2 AO hätte stellen können, ist die Klage als mutwillig erhoben anzusehen und infolgedessen der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.
So ist der Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen, wenn der beabsichtigte Rechtsbehelf unstatthaft ist, z. B. wenn eine Beschwerde gegen einen Streitwertbeschluss des FG eingelegt wird, obwohl der Beschluss nach § 128 Abs. 4 FGO unanfechtbar ist. Das Gleiche gilt für eine Klage nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, wenn der Antragsteller bei der weiteren Aufklärung des Sachverhalts nicht mitwirkt oder die erforderlichen Belege und sonstigen Unterlagen nicht vorlegt.
Hat das FG im Urteil die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, soll dies nach Ansicht des BFH kein Grund zur Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde sein. Vielmehr sei vom Revisionsgericht eine summarische Prüfung vorzunehmen. Doch ist diese Auffassung bedenklich, da immerhin ein FG der Sache grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat und eine abweichende Entscheidung für denkbar hält.