Rz. 1
Auch der nach Liste bestimmte ehrenamtliche Richter ist der gesetzliche Richter i. S. d. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG. Er kann vor Ablauf seiner Amtszeit gegen seinen Willen aufgrund § 44 Abs. 2 DRiG nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und gegen seinen Willen nur durch Entscheidung des Gerichts abberufen werden. Diese gesetzlichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 21 FGO. Ergänzend heranzuziehen sind ferner §§ 44a und 44b DRiG. Unerheblich ist, ob die Gründe bereits bei der Berufung bestanden haben oder erst nachträglich eingetreten sind. In den Fällen des § 21 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 FGO wird die Entscheidung durch den Präsidenten getroffen. In den Fällen nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 und 5 sowie Abs. 2 FGO ergeht die Entscheidung des Ehrenamtlichen Richters.
Rz. 2
Die Entscheidung ergeht durch den Präsidenten in den Fällen des
- Nr. 1: In den Fällen der §§ 17–19 FGO, wenn er nicht berufen werden konnte oder nicht mehr berufen werden kann. Eine Entbindung erfolgt auch dann, wenn diese Hinderungsgründe bis zur Entscheidung des Senats entfallen waren. Eine Ausnahme gilt nach § 21 Abs. 5 FGO nur dann, wenn eine Person nach der Anklageerhebung gem. § 18 Abs. 1 Nr. 2 FGO rechtskräftig außer Verfolgung gesetzt oder freigesprochen worden ist.
Nr. 3: Die gröbliche Verletzung der Amtspflichten kann sich aus dem richterlichen Verhalten (z. B. Beachtung der weltanschaulich-religiösen Neutralität, was das Tragen eines islamischen Kopftuchs ausschließt) oder aus dem außerdienstlichen Verhalten ergeben. Das kann der Fall sein, wenn eine schwerwiegende Verletzung der Pflichten eines ehrenamtlichen Richters vorliegt oder trotz vorhergehender Maßnahmen nach § 30 FGO ein fortgesetzter Verstoß vorliegt.
Eine gröbliche Verletzung der Amtspflichten kann etwa vorliegen, wenn der ehrenamtliche Richter sich beharrlich weigert, sein Amt anzutreten oder nach erfolgten Maßnahmen nach § 30 FGO gleichwohl nicht erscheint. Für die besonderen Härtefälle gilt das zu § 20 FGO Rz. 2 ausgeführte.
- Nr. 4: Wenn dem ehrenamtlichen Richter die erforderlichen geistigen oder körperlichen Kräfte fehlen.
Die Entscheidung ergeht durch den ehrenamtlichen Richter in den Fällen des
- Nr. 2: Wenn er einen Ablehnungsgrund nach § 20 Abs. 1 FGO geltend macht.
- Nr. 3: Wenn er seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche oder berufliche Niederlassung im Gerichtsbezirk verlegt.
Rz. 3
An besondere Härtefälle nach § 21 Abs. 2 und 4 FGO sind strenge Anforderungen zu stellen. Es müssen außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Ausübung des Richteramts als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige Gründe sind z. B. das Vorliegen eines schweren Pflegefalls in der Familie oder der nachträgliche Vermögensverfall.
Rz. 4
Die Entscheidung über eine Amtsentbindung obliegt einem hierfür im Voraus vom Präsidium des FG bestimmten Senat. Der Senat entscheidet – nach vorheriger Anhörung des Richters, die mündlich oder schriftlich erfolgen kann – durch Beschluss. Gegen die ablehnende Entscheidung des Senats ist die Beschwerde gem. § 128 FGO gegeben. Beschwerdebefugt ist der Antragsteller, dessen Antrag abgelehnt worden ist. Gegen diese Entscheidung sind die Anhörungsrüge und die Verfassungsbeschwerde gegeben.
Unter den Voraussetzungen des § 21 Abs. 5 FGO ist auf Antrag des ehrenamtlichen Richters die Entscheidung nach § 18 Nr. 2 FGO aufzuheben, sofern die laufende Wahlperiode noch nicht abgelaufen ist.
Der Beschluss hat keine rückwirkende Kraft, auch wenn die Voraussetzungen der Amtsentbindung schon vor der Berufung zum ehrenamtlichen Richter vorgelegen haben. Bis zur Rechtskraft des Beschlusses kann dem ehrenamtlichen Richter die Ausübung des Amts entsprechend § 35 DRiG vorläufig untersagt werden.