Rz. 19
Nach § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO ist der Finanzrechtsweg auch in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten (Rz. 7) gegeben über die Vollziehung von Verwaltungsakten in anderen als den in § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden i. S. der §§ 1, 2 FVG nach den Vorschriften der AO zu vollziehen sind. Im Ergebnis regelt daher die Vorschrift den Rechtsweg zu den FG im Falle der Vollstreckung durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden für andere Behörden (Auftragsvollstreckung). Ein Vollzug nach den Vorschriften der AO setzt aber im Rahmen der Auftragsverwaltung nach den einschlägigen Vollstreckungsvorschriften eine unmittelbare Anwendung der Vorschriften der AO voraus, eine selektive Anwendung einer Vielzahl von Normen der AO ist zur Begründung des Finanzrechtswegs nicht ausreichend (Rz. 21). Solange Bundes- oder Landesfinanzbehörden eigene Verwaltungsakte vollstrecken, ist der Rechtsweg über § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO eröffnet (Rz. 6).
Rz. 20
Der Finanzrechtsweg ist insoweit jedoch auf Rechtsschutz gegen Maßnahmen im Vollstreckungsverfahren beschränkt. Für die Überprüfung der Vollstreckbarkeit des betreffenden – der Vollstreckungshandlung zugrunde liegenden – Verwaltungsakts i. S. des § 251 AO wird der Finanzrechtsweg nicht eröffnet. Hierauf erstreckt sich im Übrigen auch nicht die Prüfungskompetenz der vollstreckenden Bundes- oder Landesfinanzbehörde. Die Vollstreckbarkeit wird von der anderen Behörde testiert, die den zu vollstreckenden Verwaltungsakt erlassen hat. Für den vorläufigen Rechtsschutz gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt durch Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO bzw. für eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO ist der Finanzrechtsweg daher nur dann gegeben, wenn er auch für die Entscheidung in der Hauptsache gegeben ist. Der Finanzrechtsweg ist nur zulässig, soweit die Art und Weise der Durchführung der Vollstreckungsmaßnahme selbst beanstandet wird. Dies gilt folglich weder für Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt noch für die Geltendmachung der Unterlassung bzw. Einstellung der Vollstreckung.
Rz. 21
Die Vollstreckung durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden von hoheitlichen Ansprüchen anderer Bundes-, Landes- oder Kommunalbehörden muss ferner zwingend nach der AO erfolgen. Maßgeblich für die Eröffnung des Rechtswegs zu den FG ist daher, dass in dem Gesetz, nach dem vollstreckt wird, die Vorschriften der AO für die Vollstreckung für entsprechend anwendbar erklärt worden sind.
Nach Auffassung des FG Hamburg erfüllt eine bloß partiell entsprechende Anwendung von bestimmten Vorschriften der AO jedoch nicht die Voraussetzungen zur Eröffnung des Finanzrechtswegs. Hiernach erfolge die Vollziehung nach § 35 Abs. 1 HmbVwVG zwar unter entsprechender Anwendung von § 191 Abs. 1 Sätze 2 und 3, §§ 255, 256, 258, 260, 262 bis 267, 281 bis 284, § 285 Abs. 1 und §§ 286 bis 327 AO. Hieraus ergäbe sich aber nicht unbedingt eine Vollziehung "nach den Vorschriften der AO". Denn durch das Wort "entsprechend" wird deutlich, dass die Bezugsnorm, hier die jeweils benannte Vorschrift der AO, nicht wörtlich passt und damit nicht wörtlich bei dem HmbVwVG mitgelesen werden könne. Demgegenüber dürfte es aber m. E. zur Eröffnung des Finanzrechtswegs noch ausreichen, wenn sich die Vollstreckung durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden ausdrücklich nach den Vorschriften der AO richtet und nur einzelne Bestimmungen der AO ausgenommen oder wie in § 5 VwVG in einem Klammerzusatz die anzuwendenden Bestimmungen der AO mit Ausnahme der Regelungen über die Aufteilung einer Gesamtschuld nach §§ 268-280 AO aufgezählt werden.
Allerdings kann die Vollstreckung grundsätzlich auch ohne gesetzliche Verpflichtung im Wege der Amtshilfe gem. §§ 114, 250 AO erfolgen, sodass insoweit auch der Finanzrechtsweg eröffnet ist. Jedoch kann die Pflicht der Finanzbehörden zur Amtshilfe nur durch eine Rechtsnorm begründet werden; bloße Verwaltungsvereinbarungen sind insoweit zur Eröffnung des Finanzrechtswegs m. E. nicht geeignet.
Rz. 22
Beispiele:
- Die Hauptzollämter (HZÄ) können z. B. als Vollstreckungsbehörden des Bundes nach § 4b VwVG tätig werden und haben insoweit gem. § 5 VwVG im Verwaltungszwangsverfahren die Vorschriften der AO anzuwenden. Insoweit ist daher die Rechtmäßigkeit der Art und Weise der Vollziehung eines gerichtlichen Durchsuchungsbeschlusses zur Wohnungsdurchsuchung zur Sachpfändung durch ein HZA – anders als für die Kontrolle seines Erlasses, für die der ordentliche Rechtsweg in Form der sofortigen Beschwerde gem. § 793 ZPO gegeben ist – vor den FG zu überprüfen.
- Nach § 35 Abs. 1 S. 1 ThürVwZVG werden in Thüringen z. B. Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung an das Land gefordert wird, durch die Landesfinanzämter vollstreckt, soweit gesetzlich oder durch Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist. Gem. § 35 Abs. 1 S. 2 ThürVwZVG finden insoweit die Bestimmung der AO entsprechende Anwendung.
- Auch die Vollstre...