Rz. 93
Nach § 40 Abs. 2 FGO hat der Kläger die Verletzung eigener Rechte geltend zu machen. Zwar kommt es insoweit im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung nicht darauf an, ob der Kläger tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist. Diese Frage stellt sich erst im Rahmen der Begründetheitsprüfung und darf im Zusammenhang mit der Zulässigkeitsprüfung bei der Klagebefugnis nicht vorweggenommen werden. Allerdings reicht dennoch nach h. A. die bloße (Verbal-)Behauptung einer Rechtsverletzung nicht aus.
Rz. 94
Vielmehr hat der Kläger nach der sog. Möglichkeitstheorie solche Umstände substantiiert darzulegen und entsprechende Tatsachen vorzubringen, die es – ihre Richtigkeit unterstellt – als möglich erscheinen lassen, dass er durch den angefochtenen Verwaltungsakt oder die Ablehnung eines Verwaltungsakts bzw. einer anderen hoheitlichen Leistung in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt ist. Im Umkehrschluss fehlt die Klagebefugnis nur dann, wenn nach dem klägerischen Vortrag offensichtlich und eindeutig eine Verletzung eigener Rechte des Klägers nach keiner Betrachtungsweise in Betracht kommen kann. Weitergehende strengere Anforderungen sind an die Darlegungslast des Klägers nicht anzulegen. Insbesondere setzt die Möglichkeitstheorie nicht voraus, dass die vom Kläger möglicherweise vorgetragene Rechtsauffassung zutreffend ist und es bleibt insoweit auch ohne Bedeutung, welche Erfolgsaussichten die Klage hat. Dies bleibt als Gegenstand der gerichtlichen Sachprüfung der Begründetheitsprüfung vorbehalten.
Rz. 95
Als Unterfall der Möglichkeitstheorie kann der Inhaltsadressat eines belastenden Verwaltungsakts nach der sog. Adressatentheorie durch den belastenden Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt sein (Rz. 80). Auch insoweit sind an die Darlegungslast des Klägers keine allzu strengen Anforderungen anzulegen. Bei einem belastenden Verwaltungsakt besteht grundsätzlich die Vermutung, dass er in die Rechtssphäre des hiervon betroffenen Klägers eingreift.
Rz. 96
Welche Anforderungen im Einzelnen an die substanziierte Darlegung im vorgenannten Sinne zu stellen sind, ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Zumindest kann ein Mindestmaß an Klarheit, Geordnetheit und Verständlichkeit des Vortrags erwartet werden. Jedenfalls wenn eine Klageschrift aufgrund des Umfangs und der Unübersichtlichkeit der Eingaben und Ausführungen das konkrete Begehren nicht hinreichend klar, geordnet und verständlich abgrenzt, dürfte die Klagebefugnis nicht mehr in ausreichender Weise dargetan sein. Es ist nicht Aufgabe des FG, sich aus einem derartigen Gemenge das herauszusuchen, was möglicherweise – bei wohlwollender Auslegung – zur Darlegung einer Klagebefugnis im Sinne von § 40 Abs. 2 FGO geeignet sein könnte. Vielmehr dürfte erwartet werden, dass so viele sachverhaltsmäßige Erläuterungen zum Streitkomplex gegeben werden, dass das FG die Streitpunkte wenigstens in ihren Grundzügen erkennen kann. Im Ergebnis dürften – zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen an die Klagebefugnis – die Streitkomplexe jedenfalls bis zur Erkennbarkeit derjenigen (streitigen) Vorgänge zu erläutern sein, die einerseits dem Erfordernis der Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens nach § 65 Abs. 1 S. 1 FGO genügen und andererseits auch die Anwendbarkeit des § 79b Abs. 1 S. 1 FGO ausschließen oder dessen Anforderungen genügen. Daher werden präzise Behauptungen des Klägers erwartet, welche aufgrund des darzulegenden Sachverhalts die Annahme rechtfertigen, dass eine Verletzung seiner Rechte vorliegen soll.
Rz. 97
Für Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens und der Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt, kann das FG dem Kläger eine Präklusionsfrist nach § 79b Abs. 1 S. 2 FGO sowie eine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 S. 2 FGO setzen, nach dessen erfolglosem Ablauf die Klage unheilbar unzulässig wird.