2.2.1 Allgemeines
Rz. 9
Die Vorschriften des § 51 FGO i. V. m. § 41 ZPO sowie ergänzend des § 51 Abs. 2 FGO regeln, in welchen Fällen ein Richter in einem bestimmten Verfahren von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. Die Aufzählung dieser relativen Ausschließungsgründe ist abschließend. Die Ausschließung beruht in diesen Fällen entweder auf der Beziehung der Gerichtsperson zu einem bestimmten Verfahren oder dessen Beteiligten. All diese ausdrücklich normierten Ausschließungsgründe sollen in besonderem Maße die Unabhängigkeit der Rechtsprechung sichern und sind Ausfluss des Gewaltenteilungsprinzips. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen nicht vor, ist die Gerichtsperson auch nicht kraft Gesetzes von einer Mitwirkung ausgeschlossen. Eine Erweiterung des Katalogs im Wege der Analogie kommt nicht in Betracht. Diese Wertung beruht auf der verfassungsrechtlichen Forderung, den gesetzlichen Richter im Voraus möglichst eindeutig zu bestimmen.
Unabhängig von einem bestimmten Verfahren können jedoch absolute Ausschließungsgründe vorliegen wie z. B. geistige Gebrechen oder das Fehlen der beruflichen Voraussetzungen für die Ausübung des Richteramts nach § 9 DRiG, die eine Amtsausübung generell verbieten.
Aber auch in den Fällen, die von der abschließenden Aufzählung des § 41 ZPO nicht erfasst werden, obwohl ein Mitglied des zuständigen Gerichts in vergleichbarer Weise zum Richter in eigener Sache zu werden droht, bleiben die Beteiligten nicht schutzlos. Sie haben in diesen Fällen die Möglichkeit, einen solchen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen.
2.2.2 Ausschließungsgründe nach § 51 Abs. 1 FGO i. V. m. § 41 ZPO
2.2.2.1 Beteiligtenstellung
Rz. 10
Nach § 41 Nr. 1 ZPO ist ein Richter von der Ausübung seines Richteramtes in einem Verfahren ausgeschlossen, in dem er selbst Partei ist oder in dem er zu einem Beteiligten im Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht. Die Regelung ist Ausfluss des allgemeinen Rechtsgrundsatzes, dass niemand Richter in eigener Sache sein darf.
Partei ist nach allgemeiner Meinung jeder, gegenüber dem die Sachentscheidung nach § 110 Abs. 1 FGO Bindungswirkung entfaltet. Dies sind in erster Linie die Beteiligten i. S. des § 57 FGO und deren Rechtsnachfolger, daneben aber auch z. B. im Falle eines Rechtsstreits einer Personengesellschaft deren nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht klageberechtigte Gesellschafter oder Gemeinschafter. Auch wenn das Urteil grundsätzlich nicht gegen Mitverpflichtete oder Regresspflichtige wirkt, sind sie kraft Gesetzes ausgeschlossen, weil sie ein erhebliches eigene Interesse am Ausgang des Verfahrens haben. Das hierin begründete Näheverhältnis zum Ausgang des Verfahrens liegt z. B. vor bei Zugehörigkeit des Richters zu einer Gläubiger- oder Schuldnermehrheit nach § 421ff. BGB, bei gesamtschuldnerischer Haftung wie die eines Bürgen oder bei steuerlicher Mithaftung. Ob eine Mitverpflichtung in diesem Sinne gegeben sein kann bei Mitgliedschaft in einem (nicht) rechtsfähigen Verein und bei einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, wird in der Literatur aber überwiegend abgelehnt, da nur ein mittelbares Interesse am Verfahrensausgang für eine Ausschließung nicht genügt.
Dagegen wird ein Richter nicht bereits deshalb zur Partei, weil es in dem angefochtenen Urteil wesentlich um das eigene Verhalten des mitwirkenden Richters geht, er aber nicht Beteiligter ist. Auch ein Ausschluss wegen des Verhältnisses eines Regresspflichtigen im Hinblick auf einen etwaigen Amtshaftungsanspruch scheidet aus, da sich eine solche Regresspflicht aus dem Streitgegenstand des Verfahrens ergeben muss. Eine etwaige Regresspflicht wegen fehlerhafter Verfahrensführung ist kein Fall des § 41 Nr. 1 ZPO.
In einem solchen Fall können die Beteiligten daher ihren verfassungsrechtlichen Anspruch auf einen neutralen und unabhängigen Richter nur durch Anbringung eines Ablehnungsgesuchs durchsetzen.