Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
Rz. 14
Die nach § 52 Abs. 1 FGO anwendbaren §§ 176–183 GVG geben dem Vorsitzenden bzw. dem Einzelrichter das Recht und die Pflicht, für eine ordnungsgemäße Durchführung der Sitzungen zu sorgen. Diesen Personen, u. U. auch dem Gericht, stehen hierfür sitzungspolizeiliche Maßnahmen zur Verfügung. Mit den Maßnahmen der unabhängigen richterlichen Gewalt soll ein ordnungsmäßiger Prozessablauf gesichert werden können. Dieser Ordnungsgewalt des Gerichts (Vorsitzender des Senats oder Einzelrichter) unterliegen grundsätzlich alle anwesenden Personen sowie auch alle Störer von außen. Dies können bei einer Videoverhandlung auch zugeschaltete Dritte sein.
In den Einzelregelungen wird z. T. zwischen den Verfahrensbeteiligten und anderen Personen differenziert. Gegen Rechtsanwälte und Steuerberater, die Prozessbevollmächtigte sind, sollen Maßnahmen nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig sein. Das folgt schon aus der Einschränkung des § 177 GVG gegenüber dem § 176 GVG. Gerichtsmaßnahmen nach § 177 GVG sind nämlich gegen Rechtsanwälte und die Angehörigen der steuerberatenden Berufe nicht zulässig.
Zu beachten ist, dass sich die einzelnen Maßnahmen nach den zur Erreichung des Zwecks sich bestimmenden Erfordernissen zu richten haben. Sie dürfen nicht überzogen sein, sondern müssen geeignet und ausreichend sein.
Ungebühr setzt Vorsatz voraus. Im Regelfall sind vor dem Erlass der Maßnahme eine Abmahnung bzw. Anhörung erforderlich. Eine sofortige Entschuldigung kann bei geringeren Verstößen Grund für das Absehen von der Maßnahme sein. Eine Anhörung des Betroffenen ist in den Fällen des § 178 GVG wie in denen des § 177 GVG erforderlich.
Grundsätzlich sind die sitzungspolizeilichen Anordnungen des Vorsitzenden unanfechtbar, während gegen verhängte Ordnungsmittel gem. § 181 Abs. 1 GVG die Beschwerde gegeben ist. § 181 Abs. 1 und 3 GVG gelten im finanzgerichtlichen Verfahren nicht. Ihnen geht die Beschwerde an den BFH nach §§ 128 Abs. 1, 129 FGO als Spezialvorschriften vor. § 181 Abs. 2 GVG ist dagegen anwendbar.
Rz. 15
§ 183 GVG ist eine Muss-Vorschrift für Straftaten, die in der Sitzung begangen worden sind. Für Steuerstraftaten, die allerdings selten in der Sitzung begangen werden (z. B. Steuerhinterziehung durch falsche Darlegungen tatsächlicher Art oder falsche Zeugenaussagen vor Gericht), ergänzt die Vorschrift des § 116 AO. Straftat ist eine Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt. Auf Ordnungswidrigkeiten ist die Vorschrift nicht anzuwenden. Für die vorläufige Festnahme gilt § 127 StPO.