Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
Rz. 7
Für bestimmte Fälle der Bekanntgabe schreibt Abs. 1 die Zustellung vor. Darüber hinaus ordnet das Gesetz an anderer Stelle ausdrücklich für eine Reihe anderer Fälle eine Zustellung an. Das gilt z. B. für den Beiladungsbeschluss, die Klageschrift an den Beklagten und Schriftsätze an die Beteiligten sowie für Urteile.
Rz. 8
Das Gebot des Abs. 1 gilt zunächst für die richterlichen bzw. gerichtlichen Anordnungen (meist konstitutive Akte) und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird (meist konstitutive Akte). Die Begriffe "Anordnung" und "Entscheidung" sind nicht sauber zu trennen, zumal das Gesetz selbst die Begriffe nicht einheitlich verwendet. Beschlüsse sind manchmal sowohl Anordnungen als auch Entscheidungen. Eine Abgrenzung zwischen den beiden Begriffen ist jedoch hier auch nicht notwendig, da jeder gerichtliche bzw. richterliche Prozessakt entweder Anordnung oder Entscheidung ist. Die von der Anordnung oder Entscheidung in Lauf gesetzte Frist ist entweder eine gesetzliche oder eine richterliche Frist. Anordnungen oder Entscheidungen, die unter Abs. 1 fallen, sind u. a. der Gerichtsbescheid, die Entscheidung durch den Einzelrichter nach § 6 FGO oder § 79a Abs. 3 bzw. 4 FGO oder den Vorsitzenden gem. § 79a Abs. 1 und 2 FGO, die Fristsetzung für das Einreichen der Vollmacht nach § 62 Abs. 3 S. 3 Hs. 2 FGO, die Fristsetzungen nach § 79b Abs. 1 u. 2 FGO, die einstweilige Anordnung nach § 114 FGO sowie die übrigen beschwerdefähigen Entscheidungen, wie z. B. der Einstellungsbeschluss. Hierher gehören auch die Beschlüsse im Beweisverfahren, wie z. B. diejenigen zur Setzung einer Nachfrist gem. § 82 ZPO i. V. m. § 441 Abs. 2 S. 4 ZPO. Wenn Beschlüsse sofort unanfechtbar werden, also keine Fristen in Lauf gesetzt werden, soll, wenn vom Gesetz nicht ausdrücklich eine Zustellung angeordnet wird, eine Zustellung entbehrlich sein und eine formlose Bekanntgabe ausreichen. Dem soll § 133a Abs. 2 S. 3 FGO nicht entgegenstehen.
Rz. 9
Auch Terminbestimmungen und Ladungen sind an die Beteiligten zuzustellen. Der Termin wird durch den Vorsitzenden bestimmt. Die Terminbestimmung, die als prozessleitende Verfügung unanfechtbar ist, ergeht nach § 91 Abs. 1 S. 1 FGO zwar vor der Ladung, ihre Bekanntgabe geschieht jedoch regelmäßig zusammen mit der Ladung. Neben der Angabe des Termins in der Ladung bedarf es keiner zusätzlichen Zustellung der richterlichen Terminsbestimmung. Die Fristsetzung gem. § 79b FGO für die Angabe von Tatsachen ist zwar ebenfalls prozessleitende Verfügung und deshalb nicht beschwerdefähig. Als Anordnung, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, bedarf sie dennoch der Zustellung.
Die Ladung nur der Beteiligten fällt unter das Zustellungsgebot des Abs. 1. Ladungen an Zeugen und Sachverständige sind nach § 82 FGO i. V. m. § 377 ZPO nicht zwingend zuzustellen. Als Ladungen mit vorgeschriebener Zustellung kommt daher nur die Ladung der Beteiligten zu Erörterungs- und Beweisterminen oder zur mündlichen Verhandlung in Betracht. Auch die Ladung der Beteiligten muss im Fall der Bestellung eines Prozessbevollmächtigten an diesen geschehen. Eine Ausnahme gilt für die Anordnung des persönlichen Erscheinens.
Rz. 10
Bei der Verkündung einer Anordnung oder Entscheidung gilt das Zustellungsgebot des Abs. 1 grundsätzlich nicht. Nur in den o. a. Fällen der besonders angeordneten Zustellung bleibt diese trotz Verkündung zwingend. Die Bestimmung eines neuen Termins sowie die Ladung der Beteiligten zum nächsten Termin, die in einem Termin geschehen, bedürfen dagegen keiner Zustellung.