Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
Rz. 32
Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis gründet sich auf die erhöhte Zuverlässigkeit bestimmter Adressaten. Bei ihnen soll eine vereinfachte Form der Zustellung zu verantworten sein, die kostengünstig und schnell durchzuführen ist. Für die Annahme der besonderen Zuverlässigkeit stützt sich die Vorschrift auf die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufen. Als Regelbeispiele nennt die Vorschrift den Anwalt, den Notar, den Gerichtsvollzieher und den Steuerberater. Hinzu kommen sollen andere Personen, bei denen ebenfalls aufgrund ihres Berufs von einer erhöhten Zuverlässigkeit auszugehen sei. Hierunter fallen schon wegen der Vergleichbarkeit der Berufe der Steuerbevollmächtigte, der Wirtschaftsprüfer und der vereidigte Buchprüfer. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle kann sich bei der Wahl der Zustellungsform gegen Empfangsbekenntnis also an dem Beruf des Adressaten orientieren. Dabei hat er jedoch nicht die Pflicht, bei den Angehörigen der genannten Berufe die Zustellung von Schriftstücken nach § 174 ZPO zu wählen. Die Entscheidung steht vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen des Urkundsbeamten. Außer den Angehörigen der genannten Berufe kommen auch die in § 174 Abs. 1 ZPO genannten Behörden, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts für die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis in Betracht.
Rz. 33
Die einfache und wirtschaftliche Zustellung gegen Empfangsbekenntnis geschieht dadurch, dass das zuzustellende Schriftstück durch Übermittlung per Post, Boten oder Übergabe an Amtsstelle an den Adressaten geleitet und dieser dabei ausdrücklich auf die Zustellung gegen Empfangsbestätigung hingewiesen wird. Nach § 174 Abs. 2 ZPO ist eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis auch durch Telefax (Telekopie) zulässig, wobei auch das Empfangsbekenntnis per Telefax zurückgeschickt werden kann. Weiter ist nach § 174 Abs. 3 ZPO auch die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis im Wege der Zustellung eines elektronischen Dokuments möglich. Für diese Art der Übermittlung ist das Dokument mit einer elektronischen Signatur zu versehen. Andere Verfahrensbeteiligte als die in § 174 Abs. 1 ZPO genannten Personen müssen der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt haben. Außerdem muss die Übermittlung gegen eine unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte geschützt sein.
Rz. 33a
Die Zustellung nach § 174 ZPO ist bewirkt, wenn die unter § 174 Abs. 1 ZPO fallende Person das zuzustellende Schriftstück entgegengenommen und seinen Willen dahin gehend gebildet hat, die Übersendung des Schriftstücks als Zustellung gelten zu lassen.
Mit dem bloßen Einlegen in ein Postfach des Adressaten oder mit dem Eingang in der Kanzlei der Person, an den als Bevollmächtigten die Zustellung des Schriftstücks (z. B. eines Urteils) gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden soll, ist die Zustellung nicht bewirkt.
Das ist vielmehr erst dann der Fall, wenn der Adressat das Schriftstück entgegengenommen und seinen Willen dabei gebildet hat, die Übersendung mit der Post als Zustellung gelten zu lassen. Bestreitet der Adressat den Zugang, ist ihm grundsätzlich Glauben zu schenken. Das ergibt sich aus der für dieses Zustellungsverfahren vorgenommenen Auswahl der Personengruppen, denen zu trauen ist. Standesrechtliche Pflichten des Adressaten (z. B. Rechtsanwalt), sein Postfach täglich zu leeren und die in dem Fach befindliche Post ebenfalls täglich i. S. d. § 174 ZPO entgegenzunehmen, wirken sich nicht dahin gehend aus, dass bei ihrer Verletzung die Zustellung als bewirkt gilt. Im Übrigen ist eine automatisch generierte Zugangsbestätigung kein wirksames Empfangsbekenntnis.
Rz. 34
Das Empfangsbekenntnis ist grundsätzlich vom Adressaten, also durch eine natürliche Person persönlich oder bei Behörden, Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts durch den Leiter, unverzüglich und unter Angabe des Aushändigungsdatums zu unterschreiben und zurückzuschicken bzw. zurückzufaxen. Ob dies durch einen Vertreter oder eine Hilfsperson wirksam geleistet werden kann, ist seit der Anwendbarkeit des § 174 ZPO zweifelhaft. Während zu § 5 Abs. 2 VwZG die Finanzgerichtsbarkeit dies zuließ, hält die zivilgerichtliche Rspr. zu § 174 ZPO dies nicht für zulässig. Der BFH hat zu § 174 ZPO die Entgegennahme durch einen hierfür bestellten Mitarbeiter der Kanzlei einer Person nach § 174 Abs. 1 ZPO für ausreichend erklärt.
Rz. 35
Für die Wirksamkeit der Zustellung waren zu § 5 Abs. 2 VwZG das Ausfüllen und die Unterschrift ebenso wenig erforderlich wie das Zurücksenden, wenn nur der Empfang des Schriftstücks feststeht. Das ist allerdings nach der zivilrechtlichen Rspr. zu § 174 ZPO jetzt nicht mehr sicher. Eine Paraphe anstelle der Unterschrift soll nicht ausreichen. Eine entsprechend geänderte Rechtslage gilt jetzt auch für das Vorhandensein eines Empfangswillens beim Adressaten. Während es noch bei der früheren Geltung des § 5 Abs. 2 VwZG über § 53 Abs. 2 FGO als beachtlich angesehen wurde, ob der Adressat die Zustellung als wirk...