Rz. 43

Für die Ersatzzustellung in der Wohnung nennt § 178 Nr. 1 ZPO die erwachsenen Familienangehörigen, die in der Familie beschäftigten Personen und die erwachsenen ständigen Mitbewohner. In diesem Fall muss die Zustellung in der Wohnung vorgesehen gewesen sein, die dort nicht an den Adressaten geschehen konnte, weil er nicht angetroffen wurde. Dabei ist der Begriff der Wohnung weit auszulegen. Gemeint ist jeder Raum, den der Adressat der Zustellung zzt. der Zustellung für eine gewisse Zeit schon oder noch bewohnt[1] und in dem er regelmäßig schläft. Maßgebend ist das tatsächliche Wohnen[2].

 

Rz. 44

Der erwachsene Familienangehörige muss nicht in der Wohnung wohnen, sondern dort nur angetroffen werden. Die Familienangehörigkeit ist weit auszulegen. Dazu gehören nicht nur Verwandte des Adressaten und die mit diesem Verschwägerten. Auch Verlobte und die sich wieder in der Wohnung aufhaltende geschiedene Ehefrau sind Familienangehörige i. d. S.[3]. Dagegen sollte nach bisher h. M. der gleichgeschlechtliche Lebenspartner nicht zu den Familienangehörigen zählen, auch nicht nach dem Inkrafttreten des LebenspartnerschaftsG v. 16.2.2001[4], und zwar auch nicht im Fall der eingetragenen Lebenspartnerschaft[5]. Das ist inzwischen als überholt anzusehen. Erwachsen ist eine Person i. S. d. § 178 ZPO nicht erst mit ihrer Volljährigkeit. Maßgebend soll die körperliche Entwicklung, also das Erscheinungsbild sein. Die Rspr. zu § 178 ZPO nimmt die Schwelle zum Erwachsensein etwa bei 14 Jahren an[6].

 

Rz. 45

Eine in der Familie beschäftigte Person muss wie der Familienangehörige nicht in der Wohnung wohnen. Sie muss vielmehr nur dort anwesend sein, wenn der Adressat nicht angetroffen worden ist. Diese Person muss mangels einer solchen Forderung in § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht erwachsen sein. Die Art der Beschäftigung ist belanglos. Es kann eine anspruchsvolle, aber auch eine einfache Tätigkeit sein. Sie muss nur in der bzw. für die Familie geleistet werden.

 

Rz. 46

Auch an einen erwachsenen ständigen Mitbewohner des Adressaten kann die Ersatzzustellung bewirkt werden. Der Mitbewohner muss nicht in der Wohnung selbst, jedoch in unmittelbarer räumlicher Nähe zu dieser wohnen. Das kann z. B. der in der Nachbarwohnung im selben Haus wohnende Vermieter sein. Dieser wird dann nicht als Vermieter, sondern als Mitbewohner herangezogen[7]. Auch der Lebensgefährte, der die Wohnung des Adressaten mitbewohnt, kann ein solcher Mitbewohner sein.

[1] BGH v. 13.10.1993, XII ZR 120/93, NJW-RR 1994, 564; Hartmann, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 178 ZPO Rz. 4 m. w. N.
[3] Hartmann, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 178 ZPO Rz. 10, 11.
[4] BGBl I 2001, 3513.
[5] Hartmann, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 178 ZPO Rz. 12 m. w. N.
[6] Neumann, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 53 FGO Rz. 33.
[7] Hartmann, in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 70. Aufl. 2012, § 178 ZPO Rz. 14.

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