Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
2.2.5.1 Zustellung im Ausland
Rz. 57
Die Zustellung von Schriftstücken, die unter § 53 FGO fallen, an einen Adressaten, der sich im Ausland befindet bzw. im Ausland ansässig ist, kann deswegen problematisch sein, weil die Gerichtsbarkeit an den Grenzen des Hoheitsgebiets endet. Die praktische Bedeutung dieser Probleme mindert sich jedoch dadurch, dass grundsätzlich als Beteiligte am Finanzgerichtsverfahren als Beklagter eine deutsche Finanzbehörde und als Kläger ein Stpfl. i. w. S. vorhanden sind, die selbst Interesse an der Bekanntgabe (Zustellung) haben. Allerdings kommen auch weitere Beteiligte wie ein Beigeladener in Betracht. Außerdem mindert § 53 Abs. 3 FGO mögliche praktische Schwierigkeiten. Diese Vorschrift bestimmt, dass auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen hat, wer seinen Wohnsitz oder Sitz nicht im Inland hat (s. Rz. 71ff.). Kommt diese Person dem Verlangen nicht nach, gilt die zuzustellende Sendung mit der Aufgabe zur Post als zugestellt. Trotz dieser beiden praktischen Einschränkungen kommt der Zustellungsvorschrift des § 183 ZPO noch Bedeutung zu, die über § 53 Abs. 2 FGO anwendbar ist. § 183 ZPO ist im Übrigen durch Gesetz v. 30.10.2008 geändert worden.
Rz. 58
Mit der Zustellung im Ausland gem. § 183 ZPO bemüht sich das Gesetz, möglichst nahe an eine tatsächliche Zustellung zu gelangen. Der Nachweis über die Zustellung wird durch den Rückschein gem. § 183 Abs. 1 S. 2 ZPO bzw. durch eine Urkunde der Stelle geführt, die das Schriftstück an den Adressaten ausgehändigt hat. Bei den so nachgewiesenen Zustellungen kann es sich allerdings auch um solche an Vertreter o. ä. Personen handeln.
Rz. 59
Die Zustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein, die durch die Post durchgeführt wird, hängt von der Zulässigkeit aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarung ab. Für solche Zustellungen in den anderen EU-Ländern fanden sich in Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates v. 29.5.2000 (Abl. EG Nr. L 160, 37) völkerrechtliche Grundlagen, die allerdings Einschränkungen und Modifikationen durch das einzelne EU-Mitglied zuließen. Wie in § 2 des EG-Zustellungsdurchführungsgesetzes v. 9.7.2001 und darauf wörtlich gleichlautend in § 1068 ZPO ist im umgekehrten Fall der Zustellung eines Schriftstücks aus einem anderen EU-Land die Zustellung durch die Post im Wege des Einschreibens mit Rückschein vorgesehen. Die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates v. 29.5.2000, die sich unmittelbar auf die Zustellungen gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen richteten, mussten auch für die finanzgerichtlichen Verfahren gelten. Unberührt bleiben die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Rates v. 13.11.2007 über die Zustellung in Zivil- oder Handelssachen, durch die auch die o. a. Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 aufgehoben worden ist.
Rz. 60
Die Zustellung durch ein Ersuchen an die zuständige Behörde des ausländischen Staates oder an diplomatische oder konsularische Vertretungen des Bundes gem. § 183 Abs. 2 ZPO ist zwar nicht rechtlich, jedoch in der Praxis subsidiär gegenüber dem Einschreiben mit Rückschein. Ist eine Zustellung durch Postübersendung per Einschreiben mit Rückschein im Empfängerstaat nicht zulässig (vor allem in Nicht-EU-Staaten), oder kennt die Post im Empfängerland die Bekanntgabe durch Einschreiben mit Rückschein nicht, so muss der Weg über ein Ersuchen an die ausländische Behörde oder die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen gegangen werden. Für das Ersuchen ist der Vorsitzende des Gerichtskörpers, also der Vorsitzende des FG-Senats, zuständig.
Rz. 61
Genießt der im Ausland ansässige oder lebende Adressat das Recht der Immunität und gehört er zu einer Vertretung der im Empfängerstaat residierenden Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, so ist die zuständige deutsche Auslandsvertretung einzuschalten. Das Ersuchen des Senatsvorsitzenden des FG bzw. des BFH ist daher an die zuständige Auslandsvertretung zu richten.
Rz. 62
Für die Wirksamkeit der Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein genügt der Rückschein als Nachweis. Für eine Zustellung durch eine ersuchte Behörde oder Vertretung ist deren Zeugnis über die Zustellung erforderlich. Das Zeugnis muss mindestens den Zustellungsempfänger angeben. Eine bloße Mitteilung, dass eine Zustellung stattgefunden habe, reicht nicht aus.
2.2.5.2 Öffentliche Zustellung
Rz. 63
Wie die in § 185 Nr. 1 bis 4 ZPO genannten Fallvoraussetzungen zeigen, ist die öffentliche Zustellung "das letzte Mittel" der Zustellung, wenn keine andere Möglichkeit besteht. Das bedeutet, dass alle Möglichkeiten durch Zustellungsversuche genutzt worden sein müssen, bevor zur öffentlichen Zustellung gegriffen ...