2.1 Einzelrichter

 

Rz. 5

Der Senat kann den Rechtsstreit einem Senatsmitglied, nicht mehreren, zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen. Verfahrensfehlerhaft ist daher ein Beschluss des Vorsitzenden, des Berichterstatters oder des vorgesehenen Einzelrichters. Grundsätzlich soll durch § 6 FGO jedes Senatsmitglied in angemessenem Umfang als Einzelrichter tätig werden, auch der Senatsvorsitzende.[1] Auch ein Richter auf Probe oder kraft Auftrags kommt als Einzelrichter in Betracht.[2] Wer Senatsmitglied ist, ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts. Welchem Mitglied des Senats der einzelne infrage kommende Rechtsstreit zu übertragen ist, ist auch bei nicht überbesetzten Senaten durch einen internen Geschäftsverteilungsplan des Senats gem. § 4 FGO i. V. m. § 21g GVG im Voraus abstrakt festzulegen. Alle beim Senat anhängig werdenden Sachen sind im Voraus nach abstrakten Kriterien auf sämtliche Mitglieder des Senats für den Fall der Übertragung auf den Einzelrichter gem. § 6 FGO zu verteilen. Da aus Gründen der Praktikabilität der Rechtsstreit auf den nach § 21g GVG zuständigen Berufsrichter[3] als Einzelrichter übertragen werden sollte (s. Rz. 26), sollte zum Einzelrichter der jeweils zuständige Berichterstatter bestimmt werden. An dem Übertragungsbeschluss ist nach dem senatsinternen Geschäftsverteilungsplan auch derjenige Richter beteiligt, der als Einzelrichter in Betracht kommt.

[3] Berichterstatter, § 65 Abs. 2 S. 1 FGO.

2.2 Voraussetzungen

 

Rz. 6

Die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FGO genannten Voraussetzungen – keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art und keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache – müssen kumulativ vorliegen. Wenn die Sache also entweder besondere Schwierigkeiten aufweist oder von grundsätzlicher Bedeutung ist, kommt eine Übertragung auf den Einzelrichter nicht infrage. Die materiellen Kriterien des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FGO sind dabei nicht als tatbestandliche Voraussetzungen für das Übertragungsermessen des FG, sondern lediglich als der Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht entzogene Leitlinien eines dem FG eingeräumten Ermessens zu verstehen.[1]

 

Rz. 7

Dabei reicht nicht jede Schwierigkeit aus. Bei den in § 6 Abs. 1 Nr. 1 FGO genannten besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher Art handelt es sich regelmäßig um solche qualitativer Art. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten sind z. B. zu bejahen, wenn ein unübersichtlicher Sachverhalt zu beurteilen ist, der eine komplexe Glaubwürdigkeitsprüfung (Wertung widersprüchlicher Beweisergebnisse) erwarten lässt, oder wenn außergewöhnlich komplizierte wirtschaftliche Zusammenhänge Gegenstand des Verfahrens sind. Rein quantitative Probleme tatsächlicher Art führen grundsätzlich nicht zu einer Übertragung, es sei denn, es liegt ein Verfahren mit ganz ungewöhnlichem Umfang vor, aufgrund dessen die Übersichtlichkeit stark beeinträchtigt ist.[2] Ebenso wenig gehören zu den besonderen Schwierigkeiten z. B. Punktesachen oder solche mit querulatorischen Beteiligten[3] oder Rechtsstreite mit vielen Streitjahren und/oder Steuerarten. Diese Sachen sind zwar arbeits- und zeitaufwendig, aber nicht besonders schwierig. Kein Grund zur Übertragung ist die Höhe des Streitwerts.[4] Ob besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art vorliegen, ist auch unter Berücksichtigung des bereits erreichten "Klärungsgrads" in der Rechtsmaterie zu beurteilen.[5] Die persönliche Erfahrung des nach der internen Geschäftsverteilung des Senats für die Entscheidung in Betracht kommenden Einzelrichters spielt hingegen keine Rolle bei der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Übertragung vorliegen. Das Gesetz verlangt eine besondere Schwierigkeit der Sache, sodass die Voraussetzungen einer Übertragung unabhängig von der Person des dann zur Entscheidung berufenen Richters festzustellen sind.

 

Rz. 8

Klagen, die nicht begründet oder beantwortet werden, und Schätzungsfälle eignen sich zunächst für eine Übertragung auf den Einzelrichter nicht. Denn hier kann oftmals erst in der mündlichen Verhandlung, nachdem eine Übertragung ausgeschlossen ist[6], abgeschätzt werden, ob die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FGO gegeben sind. In solchen Fällen sind zur Beschleunigung zunächst Ausschlussfristen nach § 65 Abs. 2 FGO und § 79b Abs. 1 und 2 FGO zu setzen und erst nach Eingang der entsprechenden Schriftsätze bzw. nach erfolglosem Verstreichen der Fristen ist ggf. eine Entscheidung nach § 6 FGO herbeizuführen.[7]

 

Rz. 9

Weiter ist Voraussetzung für eine Übertragung auf den Einzelrichter, dass die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist immer dann gegeben, wenn die Revision nach § 115 Abs. 1 und 2 Nr. 1 FGO zuzulassen ist.[8] Will der Einzelrichter nach Übertragung der Sache zur Entscheidung auf ihn vom BFH abweichen oder kommt er zu der Auffassung, die Sache habe doch grundsätzliche Bedeutung und ist eine Rückübertragung nach § 6 Abs. 3 FGO ausgeschlossen, hat er in seinem Urteil die Revis...

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