Rz. 43
Die uneingeschränkte Vertretungsbefugnis besteht nach § 62 Abs. 2 S. 1 FGO für Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, also für den in § 3 Nr. 1 StBerG aufgezählten Personenkreis, der gem. § 2 StBerG zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist. Die Vertretungsbefugnis besteht auch für eine Partnerschaftsgesellschaft, deren Partner ausschließlich die in § 3 Nr. 1 StBerG genannten Personen sind, eine Rechtsanwaltsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Buchprüfungsgesellschaft, wenn der gegenüber dem Gericht handelnde gesetzliche Vertreter oder Beauftragte der Personenvereinigung die in § 3 Nr. 1 StBerG genannte Qualifikation besitzt (Rz. 118).
Rz. 44
Die Vertretungsbefugnis setzt die bestehende und wirksame Zulassung bzw. Bestellung voraus. Sie besteht, abgesehen von den niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten, nur für die Berufsträger, deren Zulassung bzw. Bestellung nach deutschem Recht erfolgt ist. Unerheblich ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung oder Bestellung vorliegen. Maßgeblich ist allein die Zulassung oder Bestellung des Bevollmächtigten. Die Führung einer Kanzlei durch einen Rechtsanwalt ist nicht erforderlich.
Die Vertretungsbefugnis besteht, bis auf die Bestellung bzw. Zulassung verzichtet wird bzw. sie widerrufen, zurückgenommen oder ein Berufs- oder Vertretungsverbot verhängt wird. Das Vorliegen von Widerrufs- oder Rücknahmegründen allein hebt die Vertretungsbefugnis nicht auf.
Rz. 45
Die Zulassung oder Bestellung muss im Zeitpunkt der Vornahme der jeweiligen Prozesshandlung vorliegen. Prozesshandlungen, die vor der Bestellung oder Zulassung bzw. nach deren Erlöschen vorgenommen werden, sind mangels Postulationsfähigkeit unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn hinsichtlich des Widerrufs der Zulassung oder Bestellung ein Wiederaufnahmeverfahren anhängig ist. Schriftsätze eines Bevollmächtigten, die nach Bestandskraft des Widerrufs seiner Zulassung bzw. Bestellung beim BFH eingehen, sind unbeachtlich.
Prozesshandlungen, die nach der Bestellung bzw. Zulassung, aber vor dem Erlöschen vorgenommen worden sind, bleiben stets wirksam, auch wenn später die Postulationsfähigkeit entfällt.