2.1 Gerichtliches Rechtsschutzbegehren
Rz. 4
Der Klage als formabhängige prozessuale Willenserklärung muss sich zweifelsfrei ein gerichtliches Rechtsschutzbegehren entnehmen lassen, mit dem vom Gericht eine Entscheidung in der Hauptsache durch Urteil (bzw. Gerichtsbescheid) begehrt wird. Dazu muss die Klage in jedem Fall erhoben worden sein; die Ankündigung der Klage löst keine Rechtswirkungen aus.
Rz. 5
Eine ausdrückliche Bezeichnung des Schriftstücks als Klage ist nicht erforderlich. Auch eine unrichtige Bezeichnung des Rechtsbehelfs hindert die Annahme einer Klage nicht. Ebenso ist die Bezeichnung des Gerichts nicht zwingend erforderlich. Wird in der Erklärung kein Rechtsbehelf bezeichnet, schließt dies die Annahme eines Rechtsschutzgesuchs nicht aus. Für das Gericht muss nur der Wille erkennbar sein, dass eine förmliche Überprüfung angestrebt wird.
Für die Wirksamkeit der Klage ist demgemäß entscheidend, dass die Erklärung bei objektiver Würdigung der Sachverhaltsumstände als Klage zu verstehen ist. Das gerichtliche Rechtsschutzbegehren wird i. d. R. unproblematisch erkennbar sein, wenn die Klage unmittelbar beim Gericht erhoben wird. Probleme können ggf. auftreten, wenn die Klage gem. § 47 Abs. 2 FGO fristwahrend bei der Behörde angebracht wird. Eine Klage liegt nicht vor, wenn nur die "schlichte Änderung" der im Verwaltungsakt getroffenen Regelung begehrt wird.
Rz. 6
Diese Qualifizierung eines in der Form des § 64 FGO erhobenen Begehrens als Klage setzt stets ein sachliches Rechtsschutzbegehren voraus. Ein Schriftstück, das sich ohne jedes sachliche Begehren ausschließlich in Beleidigungen des Prozessgegners, des Gerichts oder eines Dritten oder in staatsfeindlichen Äußerungen erschöpft, entspricht nicht den an ein ernsthaftes Rechtsschutzbegehren zu stellenden Anforderungen. Als sog. Nichtklage bedarf das Schriftstück keiner Beachtung.
2.2 Unbedingte Klageerhebung
Rz. 7
Eine Klage ist nur wirksam erhoben, wenn sich der Klageschrift die unbedingte Anrufung des Gerichts zum Zwecke förmlicher Rechtsschutzgewährung entnehmen lässt. Dies ist bei einer nur vorsorglich erhobenen Klage ohne Weiteres der Fall; eine solche Klage ist uneingeschränkt wirksam erhoben.
Rz. 8
Die Klageerhebung darf jedoch nicht von einer (außerprozessualen) Bedingung abhängig gemacht werden, da andernfalls Unsicherheit über die Rechtshängigkeit des Verfahrens bestünde. Eine solche unzulässige außerprozessuale Bedingung liegt vor, wenn die Klageerhebung (und der Fortbestand der Klage) vom einem außerhalb des Klageverfahrens liegenden Ereignis abhängen soll. Sie liegt z. B. vor, wenn ein Schriftsatz nur dann als Klage angesehen werden soll, "wenn das FA an seiner Auffassung festhalte" oder von der Behörde "eine Änderung gem. § 174 AO nicht mehr durchgeführt werden kann".
Rz. 9
Unschädlich ist hingegen grundsätzlich die Klageerhebung unter einer innerprozessualen (d. h. auf eine bestimmte Prozesssituation innerhalb des anhängig gemachten Klageverfahrens) Bedingung, wenn keine Unsicherheit in das Verfahren getragen wird. Eine Unsicherheit liegt vor, wenn durch die Bedingung ein Schwebezustand für das Gericht und den Beklagten entsteht. Ob eine unzulässige außerprozessuale Bedingung vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln.
Rz. 10
Wird die Erhebung der Klage ausdrücklich von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht, liegt eine unzulässige Bedingung vor. Hingegen fehlt es überhaupt an einer wirksamen Klageerhebung, wenn zusammen mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe lediglich ein Klageentwurf vorgelegt wird.