5.2.1 Allgemeines
Rz. 55
Mit der Fristsetzung ist dem Gericht ein Instrument zur Verfahrensbeschleunigung an die Hand gegeben. Die Fristsetzung dient der wirksamen Durchsetzung der dem Kläger obliegenden Verpflichtung, den Inhalt der Klageschrift zu vervollständigen und damit zugleich der möglichst wirksamen Kontrolle der Akte öffentlicher Gewalt.
Rz. 56
Die Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 FGO ist eine prozessleitende Verfügung des Gerichts, die gem. § 53 Abs. 1, 2 FGO mit der Zustellung wirksam wird. Die Fristsetzung ist als prozessleitende Verfügung gem. § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der Beschwerde anfechtbar, auch wenn das FG durch Beschluss entschieden und eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung erteilt hat.
Rz. 57
Weist das FG eine Klage durch Prozessurteil als unzulässig ab, weil es – z. B. wegen der Annahme, der Gegenstand des Klagebegehrens sei nicht hinreichend bezeichnet – eine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 S. 2 FGO zu Unrecht oder nicht wirksam gesetzt hat, so liegt darin ein Verfahrensfehler i. S. v. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Eine Verletzung des § 65 Abs. 2 FGO ist vom Kläger schlüssig darzulegen. Bei einer erfolgreichen Nichtzulassungsbeschwerde ist im Regelfall gem. § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren.
5.2.2 "Einfache" Fristsetzung (§ 65 Abs. 2 S. 1 FGO)
Rz. 58
Entspricht die Klageschrift nicht den Muss- oder Sollanforderungen des § 65 Abs. 1 FGO, so ist eine Ergänzung stets i. S. v. § 65 Abs. 2 S. 1 FGO "erforderlich". Nach § 65 Abs. 2 S. 1 FGO "hat" der Vorsitzende oder Berichterstatter den Kläger zur Ergänzung der Klageschrift innerhalb einer bestimmten Frist aufzufordern. Damit ist nur der Zeitpunkt der Fristsetzung und deren Dauer, nicht aber das Ob der Fristsetzung in das Ermessen des Richters gestellt. Die gesetzte Frist ist als "einfache" richterliche Frist jederzeit verlängerbar.
Der Kläger hat zur Sicherung seines rechtlichen Gehörs einen Anspruch darauf, vom Gericht auf die Ergänzungsbedürftigkeit hingewiesen zu werden. Das FG handelt verfahrensfehlerhaft, wenn es die Klage wegen eines fehlenden Muss-Bestandteils der Klage als unzulässig abweist, ohne den Kläger auf die Ergänzungsbedürftigkeit hingewiesen zu haben.
Rz. 59
Zuständig für die Fristsetzung ist der Vorsitzende des Senats oder der nach § 21g GVG zuständige Berufsrichter (Berichterstatter).
Rz. 60
Die Verletzung der "einfachen" Frist hat für den Kläger nur dann prozessuale Folgen, wenn die Ergänzung der Klageschrift nicht bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. Erst dann ist die Klage unzulässig. Die Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 S. 1 FGO hat, anders die nach S. 2 der Vorschrift gesetzte Ausschlussfrist, keine Präklusionswirkung.
5.2.3 Ausschlussfrist (§ 65 Abs. 2 S. 2 FGO)
5.2.3.1 Grundlage
Rz. 61
Nach § 65 Abs. 2 S. 2 FGO kann der Vorsitzende bzw. Berichterstatter für die Ergänzung der Klageschrift eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen, wenn es der Klageschrift an einem Muss-Bestandteil i. S. d. § 65 Abs. 1 S. 1 FGO fehlt. Entspricht die Klage den Erfordernissen des § 65 Abs. 1 S. 1 FGO, ist eine gleichwohl verfügte Ausschlussfrist hinfällig. Hinsichtlich fehlender Soll-Bestandteile ist die Setzung einer Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 S. 2 FGO nicht möglich.
Die Fristsetzung hat für jeden einzelnen ergänzungsbedürftigen Muss-Bestandteil gesondert zu erfolgen. Eine Belehrung über die Folgen der gesetzten Ausschlussfrist ist gesetzlich nicht vorgesehen; sie ist jedoch schon aus Gründen der richterlichen Hinweis- und Fürsorgepflicht geboten und auch in der Praxis üblich.
5.2.3.2 Verbindung mehrerer Ausschlussfristen
Rz. 62
§ 65 Abs. 2 S. 2 FGO bietet keine Rechtsgrundlage dafür, dem Kläger auch für die sog. Soll-Bestandteile der Klage i. S. d. § 65 Abs. 1 S. 2 FGO eine Ausschlussfrist zu setzen. Insoweit kann jedoch ggf. eine Ausschlussfrist nach § 79b FGO in Betracht kommen. Die Fristsetzung nach § 79b Abs. 1 S. 1 FGO kann gem. § 79b Abs. 1 S. 2 FGO mit einer Fristsetzung nach § 65 Abs. 2 S. 2 FGO verbunden werden. Zugleich kann auch die Ausschlussfrist für die Vorlage der Vollmacht nach § 62 Abs. 3 S. 3 FGO ge...