Rz. 5
Die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten erfolgt nach Eingang bei Gericht unverzüglich von Amts wegen gem. § 53 Abs. 2 FGO nach den Vorschriften der ZPO. Der Zustellung der Klageschrift kommt insbesondere bei einer Sprungklage i. S. d. § 45 FGO eine besondere verfahrensrechtliche Bedeutung zu, weil mit der Zustellung gem. § 45 Abs. 1 S. 1 FGO die Frist für die Zustimmung der beklagten Finanzbehörde zur Sprungklage in Gang gesetzt wird.
Rz. 6
Gegenstand der Zustellung war bisher nicht das Original der (unterzeichneten) Klageschrift einschließlich der beigefügten Anlagen, sondern lediglich deren Abschrift(en) i. S. d. §§ 64 Abs. 2, 77 Abs. 2 FGO. Die Originale sind in der Gerichtsakte verblieben. Aufgrund der (verbindlichen) elektronischen Aktenführung nach § 52b FGO in den FG und dem hiermit verbundenen einscannen der Eingangspost sind Abschriften nunmehr allerdings entbehrlich. Denn die (elektronisch) an das FG übermittelte Klageschrift wird sodann ebenso nach § 169 ZPO elektronisch an die beklagte Finanzbehörde gegen ein elektronisches Empfangsbekenntnis i. S. d. § 174 Abs. 4 ZPO zugestellt. Jedenfalls im Zusammenhang mit der Übermittlung von elektronischen Dokumenten ist die Übermittlung von Abschriften nach § 55a Abs. 5 S. 3 FGO nunmehr auch ausdrücklich entbehrlich. Die Voraussetzungen für eine rechtswirksame Einreichung elektronischer Dokumente bei den FG richtet sich nach § 52a FGO.
Rz. 7
Adressat der Zustellung ist der in der Klageschrift bezeichnete – oder ggf. durch Auslegung zu ermittelnde – Beklagte. Wird der beklagten Finanzbehörde die Klageschrift nicht (ordnungsgemäß) zugestellt, sondern anderweitig übersandt oder mitgeteilt, kann dieser Mangel regelmäßig nach § 53 Abs. 2 FGO i. V. m. § 189 ZPO geheilt werden. Gibt das FG der Klage aber ohne vorherige Zustellung der Klageschrift an den Beklagten statt, wird diesem das rechtliche Gehör versagt. Die beklagte Finanzbehörde kann insoweit im Rahmen des gegen die Entscheidung eingelegten Rechtsmittels eine Gehörsverletzung geltend machen. Anderen Beteiligten i. S. d. § 57 FGO ist die Klageschrift nicht zuzustellen. Daher ist insbesondere ein (später) Beigeladener nicht nach § 71 Abs. 1 S. 1 FGO zur Gegenäußerung aufzufordern, sondern lediglich rechtliches Gehör zu gewähren.
Rz. 8
Die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten hat nicht nur zu erfolgen, wenn z. B. der Kläger bereits ein Exemplar der Klageschrift an die beklagte Finanzbehörde übermittelt hat, sondern auch dann, wenn die Klage bei der beklagten Finanzbehörde entsprechend § 47 Abs. 2 FGO angebracht und anschließend vom Beklagten dem Gericht zugeleitet worden ist. Denn durch die Anbringung der Klage bei der Finanzbehörde ist die Klage noch nicht i. S. d. § 64 Abs. 1 FGO erhoben. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit einer Klage i. S. d. § 66 S. 1 FGO treten erst mit Eingang der Klageschrift bei Gericht aufgrund der Übersendung durch die Behörde ein. Die Anbringung der Klage bei der Finanzbehörde nach § 47 Abs. 2 FGO hat lediglich fristwahrende Bedeutung.
Rz. 9
Die Frage der gerichtsinternen Zuständigkeit ist in § 71 FGO zwar nicht geregelt, dennoch geht die herrschende Auffassung zu Recht davon aus, dass die Zustellung der Klageschrift vom Vorsitzenden bzw. dem nach § 21g GVG im senatsinternen Geschäftsverteilungsplan bestimmten Richter (Berichterstatter) anzuordnen ist. Dies wird zutreffend mit dem sachlichen Zusammenhang der Klageeingangsverfügung mit den prozessleitenden Verfügungen des § 71 Abs. 1 FGO begründet. Eine Zustellungsverfügung durch einen Einzelrichter i. S. d. § 6 Abs. 1 FGO scheidet schon deshalb aus, weil im Zeitpunkt des Klageeingangs bei Gericht eine Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nach § 6 Abs. 1 FGO noch nicht denkbar ist. Die eigentliche Zustellung wird hierauf gem. § 53 Abs. 2 FGO i. V. m. §§ 166 Abs. 2, 168 Abs. 1 ZPO von der Geschäftsstelle des Senats ausgeführt.