Rz. 10
Nach § 71 Abs. 1 S. 2 FGO ist der Beklagte mit der Zustellung der Klageschrift zugleich – ggf. unter Fristsetzung (Rz. 13) – aufzufordern, sich schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu äußern. Der Gegenäußerung zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kommt in der Praxis keine Bedeutung zu, weil der Beklagte im Regelfall eine Finanzbehörde ist. Die Aufforderung zur Gegenäußerung ist eine prozessleitende Verfügung, die gem. § 128 Abs. 2 FGO nicht mit der (sofortigen) Beschwerde angefochten werden kann.
Rz. 11
Die Aufforderung zur Gegenäußerung ergibt als prozessleitende Verfügung für den weiteren Fortgang des Verfahrens im Regelfall aber nur dann Sinn, wenn die Klageschrift mehr als nur die formellen Erfordernisse nach § 65 Abs. 1 S. 1 FGO – mithin eine hinreichend substanziierte Klagebegründung – enthält. Wird nur eine formell ordnungsgemäße Klageschrift bei Gericht eingereicht – etwa zunächst lediglich zur Fristwahrung – ist die mit der Zustellung der Klageschrift verbundene Aufforderung zur Gegenäußerung überflüssig. In der Praxis wird das FG den Beklagten daher vorerst auffordern, die Gegenäußerung zurückzustellen und eine entsprechende Aufforderung zur Stellungnahme erst mit der Übersendung der die Klage begründenden Äußerung des Klägers (Klagebegründung) verbinden. Insoweit geht die herrschende Auffassung zu Recht davon aus, dass die Formulierung des § 71 Abs. 1 S. 2 FGO zwar die Begründung einer richterlichen Pflicht zur Aufforderung zur Gegenäußerung enthält, aber der Zeitpunkt für die Aufforderung zur Stellungnahme im pflichtgemäßen Ermessen des Vorsitzenden bzw. des Berichterstatters liegt. Zur weiteren Förderung des Fortgangs des Verfahrens wird der zuständige Richter sodann aber im Falle einer (fristwahrenden) Klageerhebung ohne erkennbare Begründung nach § 65 Abs. 2 FGO verfahren. Eine Aufforderung zur Begründung der Klage wird der zuständige Richter aber wiederum zurückstellen, wenn der Kläger seine Klagebegründung zunächst von der Einsicht in die dem Gericht vorzulegenden Verwaltungsakten abhängig gemacht hat. Eine weitere Besonderheit besteht daneben in den Fällen, in denen die (mit einer Begründung versehene) Klage offensichtlich nach Fristablauf erhoben worden ist. Einer sofortigen Gegenäußerung seitens des Beklagten bedarf es in diesen Fällen jedenfalls dann noch nicht, wenn der Kläger zunächst einen Hinweis des zuständigen Richters wegen einer etwaigen Wiedereinsetzung nach § 56 FGO in die versäumte Klagefrist erhalten hat.
Rz. 12
Die Gegenäußerung des Beklagten ist dem Kläger sodann nach § 77 Abs. 1 S. 4 FGO von Amts wegen zur Gewährung rechtlichen Gehörs zu übermitteln. Der Beklagte ist allerdings zur Klageerwiderung nicht verpflichtet. Sie kann auch nicht erzwungen werden. Insoweit dürfen auch keine nachteiligen Schlüsse für das Verfahren gezogen werden.