Rz. 23

Die gegen einen Folgebescheid gerichtete Klage ist regelmäßig auszusetzen, wenn Besteuerungsgrundlagen streitig sind, deren abschließende Prüfung dem Verfahren über einen Grundlagenbescheid[1] zugewiesen ist.[2] Das gilt selbst dann, wenn das FA in nicht zu beanstandender Weise nach § 155 Abs. 2 AO vor dem Grundlagenbescheid den Folgebescheid erlassen hat und die dem Feststellungsverfahren vorbehaltenen Besteuerungsgrundlagen zunächst im Schätzungswege angesetzt hat.[3] Insoweit kann eine Verfahrensaussetzung nur unterbleiben, wenn in Bezug auf den noch ausstehenden Grundlagenbescheid kein Streit über die in dem Folgebescheid angesetzten Besteuerungsgrundlagen besteht.[4] Ein Klageverfahren gegen den Folgebescheid ist allerdings dann nicht mehr auszusetzen, wenn gegen das den Grundlagenbescheid betreffende Urteil eine Verfassungsbeschwerde erhoben worden ist.[5]

 

Rz. 24

Eine Aussetzung des Verfahrens ist auch dann geboten, wenn das FA bei Erlass eines Steuerbescheids zu Unrecht angenommen hat, eine gesonderte Feststellung sei nicht erforderlich oder eine nach Sachlage dem Feststellungsverfahren zugeordnete Frage müsse durch den Folgebescheid endgültig entschieden werden, und wenn über diese, dem Feststellungsverfahren zugeordnete Frage im Verfahren über den Folgebescheid gestritten wird.[6] Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vorliegen, kann verbindlich nur in dem Feststellungsverfahren entschieden werden. Daher ist ein die Steuerfestsetzung betreffendes Klageverfahren bereits dann nach § 74 FGO auszusetzen, wenn es möglich erscheint, dass ein Feststellungsbescheid (Grundlagenbescheid) zu erlassen ist. Es reicht aus, dass das Erfordernis einer gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlage behauptet wird oder aufgrund des ggf. streitigen Sachverhalts möglich erscheint. Über diese Fragen ist vorgreiflich durch einen positiven oder negativen Feststellungsbescheid zu entscheiden.[7] Lediglich wenn das FA zu Recht wegen eines Falls von geringer Bedeutung i. S. d. § 180 Abs. 3 Nr. 2 AO von der Durchführung eines Feststellungsverfahrens abgesehen hat, kommt eine Aussetzung des Verfahrens nicht in Betracht.[8] Wenn es keine Rolle spielt, ob der Grundlagenbescheid bereits ergangen und angefochten ist, oder ob ein solcher erst noch ergehen muss, ist das Verfahren gegen den Folgebescheid auch dann auszusetzen, wenn zwar ein Grundlagenbescheid ergangen ist, gegenüber dem Kläger aber mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist.[9] Allerdings ist im Verfahren über den Folgebescheid von dem angerufenen FG zu prüfen, ob überhaupt ein wirksamer und damit bindender Grundlagenbescheid existiert, da die Wirksamkeit der Bekanntgabe nicht Gegenstand der Entscheidung des Grundlagenbescheids ist.[10]

 

Rz. 25

Das Klageverfahren ist analog § 74 FGO ebenso auszusetzen, wenn während der Anhängigkeit des finanzgerichtlichen Rechtsstreits über eine gesonderte Feststellung ein geänderter Feststellungsbescheid ergeht und der Adressat dieses Bescheids Einspruch einlegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Änderungsbescheid einen anderen Regelungsgegenstand (Streitgegenstand) betrifft, dessen außergerichtliche oder gerichtliche Überprüfung aber Auswirkungen auf das – einen anderen Regelungsgegenstand betreffende – anhängige Klageverfahren haben kann.[11]

 

Rz. 26

Ist die Klage gegen den Folgebescheid allerdings unzulässig, ist das Klageverfahren nicht wegen der noch ausstehenden Entscheidung über einen Grundlagenbescheid auszusetzen.[12] Die Entscheidung, dass ein Einspruch gegen den Folgebescheid vom FA zu Recht als unzulässig verworfen wurde, kann ebenso unabhängig von dem Verfahren gegen den Grundlagenbescheid getroffen werden.[13] Von der Aussetzung des Verfahrens kann auch abgesehen werden, wenn eine materielle Entscheidung im Verfahren über den Grundlagenbescheid nicht zu erwarten ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn ein Grundlagenbescheid wegen verspäteter Klageerhebung bestandskräftig geworden ist[14], das Verfahren gegen den Grundlagenbescheid aus dem Prozessregister ausgetragen wurde und der Kläger es nicht mehr betreibt.[15] Entgegen der Auffassung des FG Köln kann von einer Aussetzung des Verfahrens nicht generell abgesehen werden, wenn sich die Finanzbehörde unter Berufung auf eine Verwaltungsvorschrift weigert, einen nach Auffassung des angerufenen FG erforderlichen Grundlagenbescheid zu erlassen.[16] Denn soweit ernstlich zweifelhaft ist, ob Besteuerungsgrundlagen gesondert und ggf. einheitlich festzustellen sind, ist im Feststellungsverfahren zu klären, ob ein solches durchzuführen ist.[17] Insoweit hat das FG das Verfahren gegen den vermeintlichen Folgebescheid auszusetzen, bis eine bestands- oder rechtskräftige Entscheidung in einem positiven oder negativen Feststellungsbescheid vorliegt.[18]

 
Praxis-Beispiel
  • Im Verfahren gegen einen GrESt-Bescheid wird darüber gestritten, ob die der Besteuerung zugrunde gelegten Besteuerungsgrundlag...

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