3.1 Amtsermittlung, Fristen
Rz. 11
Das Gericht hat den Sachverhalt von Amts wegen zugunsten wie zuungunsten der Beteiligten zu ermitteln. Es bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Das Gericht muss von dieser Befugnis nach pflichtgemäßem Ermessen Gebrauch machen, wozu auch gehört, die Beteiligten zur Mitwirkung heranzuziehen. Im Rahmen der Amtsermittlung kann das Gericht den Beteiligten Fristen zur schriftsätzlichen Äußerung gem. § 77 Abs. 1 S. 2 FGO setzen. Jedoch ist dort eine Fristversäumnis i. d. R. folgenlos. Im Übrigen sollte das Gericht i. d. R. zunächst eine nicht präklusionsbewehrte "einfache" Aufklärungsanordnung nach § 79 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 FGO erlassen und erst, wenn diese erfolglos war, nach § 79b FGO vorgehen. Denn es ist zu beachten, dass die Versäumung von nach § 79b FGO gesetzten Ausschlussfristen dazu führt, dass der betreffende Beteiligte mit nach Fristablauf erfolgtem Vortrag insoweit für das weitere Verfahren ausgeschlossen sein kann.
3.2 Rechtsnatur, Form
Rz. 12
Die Aufforderung an den Beteiligten, binnen bestimmter Frist vorzutragen, mit der Rechtsfolge, dass verspäteter Vortrag zurückgewiesen werden kann, ist eine prozessleitende Verfügung des Vorsitzenden oder des Berichterstatters. Ein Senatsbeschluss ergeht nicht, auch nicht zu der Frage, ob verspäteter Vortrag zurückgewiesen werden soll. Diese Entscheidung fällt das Gericht zusammen mit der Entscheidung in der Sache.
Rz. 13
Beim Setzen der Ausschlussfrist sind strenge Formerfordernisse zu beachten, damit Präklusion eintreten kann. Die Verfügung muss vom Vorsitzenden oder Berichterstatter unterschrieben werden, eine Paraphe genügt nicht. Da mit der Anordnung eine Frist in Lauf gesetzt wird, ist diese gem. § 53 Abs. 1 FGO den Beteiligten zuzustellen. Dem Empfänger ist eine beglaubigte Abschrift oder eine wortgleiche Ausfertigung zuzustellen. Sofern die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis erfolgen soll, kann das Schriftstück auch durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt und per Telekopie zugestellt werden . Damit wird bereits eine elektronische Bearbeitung ermöglicht, ohne dass eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich ist. Existiert ein Schriftstück und soll nach § 176 Abs. 1 ZPO z. B. der Post der Zustellungsauftrag erteilt werden, muss auf dem Briefumschlag der Inhalt der Postsendung, also z. B. "Ausschlussfrist", und nicht nur das Aktenzeichen angegeben werden. Zugleich mit der Fristsetzung ist über die Folgen der Fristversäumnis zu belehren. Einer Begründung bedarf die Verfügung nicht. Erst die Ermessensentscheidung des Gerichts, verspäteten Vortrag zurückzuweisen, muss begründet werden, um eine Überprüfung in der Revisionsinstanz zu ermöglichen.
3.3 Ermessen
Rz. 14
Das Setzen einer Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 1 und 2 FGO steht im Ermessen des Vorsitzenden oder des Berichterstatters. Dem Vorsitzenden oder dem Berichterstatter ist das Entschließungsermessen eingeräumt, ob es zur Förderung des Verfahrens zweckmäßig ist, einem Beteiligten eine Ausschlussfrist zu setzen. Das Rechtsfolgeermessen, ob nach Versäumen der Ausschlussfrist tatsächlich die angedrohte Präklusion eintreten soll, steht nicht dem Vorsitzenden oder dem Berichterstatter zu, sondern dem Gericht. Bei der Ermessensentscheidung zur Fristsetzung muss daher beachtet werden, dass bei fruchtlosem Verstreichen der Ausschlussfrist die Präklusionswirkung nach § 79b Abs. 3 FGO nicht zwingend eintritt. Es ist unabhängig vom Inhalt des verspäteten Vortrags eine weitere Ermessensentscheidung – dieses Mal durch das Gericht – erforderlich, ob verspätetes Vorbringen zurückgewiesen oder doch noch gewürdigt werden soll. Die Aufforderung mit Setzen einer Ausschlussfrist nach § 79b Abs. 1 FGO kann nur gegen den Kläger, nach § 79b Abs. 2 FGO gegen alle Beteiligten gerichtet werden. Insoweit besteht ein Auswahlermessen, gegen wen eine Fristsetzung zu richten ist. Daneben besteht ein durch § 79b Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO beschränktes Auswahlermessen, zu welcher Art von Mitwirkung unter Fristsetzung aufgefordert werden soll. Schließlich steht es im Ermessen des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, wie lang er die Ausschlussfrist bemisst.
3.3.1 Entschließungsermessen
Rz. 15
Im Rahmen des Entschließungsermessens ist zu berücksichtigen, dass einerseits das Verfahren beschleunigt werden soll, andererseits aber auch effektiver Rechtsschutz zu gewähren ist. In der Praxis hat sich gezeigt, dass es regelmäßig ausreicht, die Beteiligten zunächst ohne Setzen einer Ausschlussfrist zu weiterem, je nach Lage d...