6.1.1 Präkludierter Vortrag
Rz. 46
Ist eine unter Beachtung der Voraussetzungen von § 79b FGO verfügte Ausschlussfrist verstrichen, ohne verlängert oder aufgehoben worden zu sein, kann das Gericht neues Vorbringen, das sich auf die fristbewehrten Aufforderungen bezieht, im weiteren Verfahren gemäß der weiteren Voraussetzungen nach § 79b Abs. 3 FGO unberücksichtigt lassen.
Rz. 47
Bei einer Aufforderung nach § 79b Abs. 1 FGO, sämtliche Tatsachen zu benennen, durch die er sich beschwert fühlt, kann der Kläger nach Fristablauf neue Rechtsansichten äußern und Gerichtsentscheidungen und Verwaltungsanweisungen anführen, die das Gericht berücksichtigen muss. Denn zu Rechtsausführungen kann keine Frist gem. § 79b FGO gesetzt werden.
Rz. 48
Die Versäumung der Frist nach § 79b Abs. 2 FGO entbindet das Gericht nicht davon, den angefochtenen Verwaltungsakt von Amts wegen vollen Umfangs auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Alle ihm auch ohne den verspäteten Vortrag bekannten Umstände hat es zu berücksichtigen. Nur das verspätete Vorbringen kann unbeachtet gelassen werden. Ggf. sind Beweislastentscheidungen zu treffen. Die Beteiligten sind nicht gehindert, nach Fristablauf Weiteres, auf das die Fristsetzung sich nicht bezogen hat, vorzubringen. Das kann ihnen auch durch allgemein gehaltene Aufforderungen zu weiterem Vortrag nicht abgeschnitten werden. Denn die Tatsachen, zu denen sie sich erklären sollen, und die Beweismittel und Urkunden müssen in der fristsetzenden Verfügung genau bezeichnet werden, wenn Präklusion eintreten soll.
Rz. 49
Unberücksichtigt kann nur der nachträgliche Vortrag bleiben, der zu den mit der Fristsetzung nach § 79b Abs. 2 FGO bezeichneten Tatsachen oder Beweismitteln gehört. So kann der Beteiligte bei Aufforderungen nach § 79b Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO sich nachträglich zu weiteren Vorgängen erklären, weitere Beweismittel benennen und Urkunden vorlegen, die sämtlich vom Gericht zu beachten sind, wenn die fristbewehrte Aufforderung diese nicht benannt hatte. Die Nichtberücksichtigung verspäteten Vortrags setzt also voraus, dass die Aufforderung, weiter vorzutragen, hinreichend bestimmt war. Der Umfang der Präklusion ist nicht nur danach zu ermitteln, was innerhalb der Frist vorgetragen wurde, sondern auch danach, zu welchem Vortrag unter Fristsetzung aufgefordert wurde. Die Präklusion kann nicht über den mit der Fristsetzung angeforderten Vortrag hinausgehen. Alle dem Gericht bekannten oder aus den ersichtlichen Tatsachen und Beweismittel sind zu verwerten.
6.1.2 Setzen weiterer Ausschlussfristen
Rz. 50
Kann keine Präklusion eintreten, weil die Fristsetzung nicht unter Beachtung der Vorgaben von § 79b FGO und damit rechtswidrig vorgenommen wurde, oder will das Gericht wegen der versäumten Frist keine Präklusion eintreten lassen, kann eine erneute Frist, ggf. unter Vermeidung des Fehlers, gesetzt werden. Ist Präklusion nicht eingetreten, weil der Beteiligte der Aufforderung fristgemäß Folge geleistet hat, kann eine weitere Fristsetzung nach § 79b FGO sinnvoll sein, weil sich unter Würdigung des neuen Vortrags weiterer Aufklärungsbedarf ergeben hat und die Beteiligten erneut ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen. Es kommen dann neue fristbewehrte Aufforderungen nach § 79b Abs. 2 FGO in Betracht. Will das Gericht Präklusion hinsichtlich bestimmter Tatsachen und Beweismittel eintreten lassen, weil der Beteiligte Aufforderungen nach § 79b Abs. 2 FGO nicht fristgerecht nachgekommen ist, kann sich bei der Vorbereitung der Entscheidung ergeben, dass weitere Punkte klärungs- oder beweisbedürftig sind, die vom Berichterstatter zunächst für unbeachtlich gehalten wurden. In solchen Fällen kann zwar eine weitere Ausschlussfristsetzung in Betracht kommen, wenn der Beteiligte auch insoweit seine Mitwirkung verzögert oder verweigert. Eine Präklusion des aufgrund der ersten Fristsetzung verspäteten Vortrags scheidet dann aber regelmäßig aus, weil die zweite Fristsetzung zeigt, dass durch Zulassen des verspäteten Vortrags eine Verzögerung nicht eingetreten ist.
6.1.3 Überlegungen zur Klagerücknahme
Rz. 51
Gemäß § 72 FGO kann die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils jederzeit zurückgenommen werden. Dadurch endet das Verfahren und der angefochtene Bescheid wird bestandskräftig. Bei drohender Präklusion ist daher zu überlegen, ob es vorteilhaft ist, das Verfahren fortzuführen in der ungewissen Hoffnung, der verspätete Vortrag werde vom FG noch gewürdigt. Immer wenn sich eine Änderungsmöglichkeit für den angefochtenen Verwaltungsakt abzeichnet oder auch wenn eine Saldierung zu erwarten ist oder wenn die angefochtenen Steuerbescheide gem. § 165 AO vorläufig oder gem. § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, könnte es sinnvoller sein, durch Klagerücknahme Rechtskraft herbeizuführen und danach eine Änderung zu beantragen. Die Änderung kann aber grundsätzlich auch noch nach rechtskräftiger Entscheidung beantragt werden, wenn nicht die Finanzbehörde die Vorläufigkeit oder den Vorbehalt während des Klageverfahrens beseitigt hat.
6.1.4 Überlegungen bei Änderung des Verwaltungsakts
Rz. 52
Die Präklusion nach § 79b FGO beschränkt...