Rz. 54
Durch Klageerhebung wird verhindert, dass der angefochtene Verwaltungsakt bestandskräftig wird. Bestandskraft tritt erst ein, wenn die Klage zurückgenommen oder die im Rahmen des Gerichtsverfahrens ergangene Entscheidung rechtskräftig wird. Bei den im Rahmen des FG-Verfahrens ergehenden Entscheidungen handelt es sich regelmäßig um Urteile. Durch § 121 S. 3 FGO wird klargestellt, dass vom FG gem. § 79b FGO zu Recht zurückgewiesener Vortrag auch im Revisionsverfahren ausgeschlossen bleibt. Weil in der Revisionsinstanz grundsätzlich eigene Tatsachenermittlungen durch das Revisionsgericht ausgeschlossen sind und § 121 S. 3 FGO von daher insoweit keinen Anwendungsbereich hat, ist die Finanzverwaltung durch § 121 S. 3 FGO gehindert, während des Revisionsverfahrens den angefochtenen Verwaltungsakt gem. § 132 AO aufgrund von Tatsachen zu ändern, deren Vortrag vom FG als verspätet zurückgewiesen wurden. Zwar kann das Revisionsgericht hinsichtlich der Sachurteilsvoraussetzungen und auch zu der Frage, ob das FG zu Recht den Vortrag als verspätet zurückgewiesen hat, eigene Tatsachenermittlungen anstellen, sodass § 121 S. 3 FGO insoweit schon für das Revisionsverfahren von Bedeutung ist. Darüber hinaus besteht jedoch auch aus prozessökonomischen Gründen kein Bedürfnis dafür, dass die Finanzbehörde auf den verspäteten Vortrag durch Änderung des angefochtenen Bescheids reagiert. Die Finanzbehörde wird sich nicht veranlasst sehen, einen Änderungsbescheid zu erlassen, der auf einem Vortrag beruht, den das FG zurückgewiesen hat. Denn wenn das Vorbringen rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt wurde, hat der BFH die Sache zurückzuverweisen. Ist damit festgestellt, dass das Vorbringen zu berücksichtigen ist, steht dem Erlass eines Änderungsbescheids im Rahmen des verfahrensrechtlich Zulässigen nichts entgegen, was der Prozessökonomie genügt. Wird ein im Revisionsverfahren bzw. Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren geänderter Verwaltungsakt gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens, ist die Präklusion durch das Finanzgericht weiter zu beachten, wenn das Revisionsgericht nach § 127 FGO verfährt.
Rz. 55
Neuer Vortrag kann u. U. auch dann zurückgewiesen werden, wenn nach Setzen einer Ausschlussfrist ein Änderungsbescheid ergeht und dieser gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens wird. Die Rechtslage ist hier von der nach §§ 365 Abs. 3, 364b AO zu unterscheiden. Sobald im Einspruchsverfahren die Voraussetzungen von § 364b AO erfüllt sind, tritt zwingend Präklusion im Einspruchsverfahren ein mit der Folge, dass auch bei Änderungsbescheiden während des Einspruchsverfahrens die Präklusion gem. § 364b AO von der Behörde beachtet werden muss. Allerdings steht § 364b AO dem Erlass eines Änderungsbescheids gem. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO im Klageverfahren nicht entgegen. Ergeht im gerichtlichen Verfahren ein Änderungsbescheid, ist hingegen danach zu differenzieren, ob die mittels Ausschlussfrist geforderte Mitwirkung weiterhin für die Entscheidung von Bedeutung ist. Ist dies der Fall, wird die gesetzte Frist nicht gegenstandslos und kann verspätetes Vorbringen ggf. zurückgewiesen werden. Anderenfalls hat der Änderungsbescheid auf die gesetzte Frist keine Wirkung. Denn § 68 FGO regelt nur die prozessualen Folgen eines Änderungsbescheids, § 79b FGO dagegen bezieht sich auf die Begründung der Klage, sei es über § 79b Abs. 1 FGO mit Auswirkungen auf deren Zulässigkeit, sei es über § 79b Abs. 2 FGO mit Auswirkungen auf deren Begründetheit.