7.1 Fristsetzung, Zulassen verspäteten Vorbringens
Rz. 76
Die Fristsetzung und die Fristbestimmung durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter sind als prozessleitende Verfügung unanfechtbar. Dies gilt auch dann, wenn das FG hierüber mit Beschluss entschieden hat. Ebenso verhält es sich mit allen damit zusammenhängenden Verfügungen, wie der Ablehnung einer Fristverlängerung oder dem Verlangen des Gerichts, die Entschuldigungsgründe glaubhaft zu machen. Unterlaufen dem Vorsitzenden, Berichterstatter oder dem Gericht insoweit Fehler, können diese nur als Verfahrensmangel im Rahmen der Rechtsmittel gegen die nach Zurückweisen des verspäteten Vortrags ergangene Gerichtsentscheidung geltend gemacht werden. Es handelt sich dabei nicht um eine isolierte Entscheidung i. S. d. § 124 Abs. 2 FGO.
Rz. 77
Lässt das Gericht verspäteten Vortrag zu, kann der dadurch benachteiligte Beteiligte das nicht rügen. Auch wenn die Ermessensentscheidung des Gerichts, den verspäteten Vortrag zuzulassen, in keiner Weise nachvollziehbar ist und es dadurch zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens gekommen ist, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. Denn § 79b FGO dient der Beschleunigung des Gerichtsverfahrens, nicht dem Interesse eines Beteiligten an einer raschen, aber möglicherweise rechtswidrigen Steuerfestsetzung. Die durch Zulassen des verspäteten Vorbringens im finanzgerichtlichen Verfahren bereits eingetretene Verzögerung ließe sich durch ein Zurückweisen des Vortrags in der Revisionsinstanz nicht wieder ausgleichen.
7.2 Zurückweisen verspäteten Vorbringens
Rz. 78
Hat das Gericht verspäteten Vortrag zurückgewiesen und ohne weitere Ermittlungen entschieden, kann das im Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung gerügt werden. Bleibt möglicherweise entscheidungserheblicher Vortrag eines Beteiligten zu Unrecht unberücksichtigt, liegt darin immer ein Verfahrensmangel, nämlich ein Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs. Damit wäre ein absoluter Revisionsgrund gegeben . I. d. R. wird die Verletzung rechtlichen Gehörs im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 116 FGO wegen eines Verfahrensmangels verfolgt werden. Im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde kann der Verstoß gegen den Grundsatz auf rechtliches Gehör zum einen damit begründet werden, dass die Voraussetzungen für ein Zurückweisen des Vortrags nicht vorlagen, dass also die Ausschlussfrist nach § 79b FGO nicht wirksam gesetzt war oder hätte verlängert werden müssen. Zum anderen kann vorgebracht werden, dass das FG, obwohl die Frist wirksam gesetzt und abgelaufen war, eine fehlerhafte Ermessensentscheidung gefällt hat, als es den verspäteten Vortrag zurückwies. Dabei sollte trotz des Vorliegens eines absoluten Revisionsgrunds ausgeführt werden, zu welcher im Urteil nicht gezogenen Rechtsfolge der zurückgewiesene Vortrag geführt hätte. Denn nur das Übergehen entscheidungserheblichen Vortrags führt zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Zu beachten ist, dass das Rügerecht verloren gehen kann, wenn nach dem Ablauf einer Ausschlussfrist des § 79b FGO der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht erscheint bzw. sich rügelos zur Sache einlässt.
Rz. 79
Nach Erschöpfung des Rechtswegs kann die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör mit der Verfassungsbeschwerde gegen das den Vortrag zurückweisende Urteil angegriffen werden . Die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Ausschlussfristen im finanzgerichtlichen Verfahren selbst dürfte geklärt sein.