Rz. 31

Das Auskunftsverweigerungsrecht besteht für Geistliche[1], dies sind alle Personen, die im Rahmen einer Religionsgemeinschaft seelsorgerische Aufgaben (s. Rz. 6a) wahrnehmen. Die Regelung trägt der in Art. 4 Abs. 2 GG geschützten Freiheit der ungestörten Religionsausübung Rechnung und dient in erster Linie dem Schutz der Religionsgemeinschaft. Auf den rechtlichen Status der Person oder der Glaubensgemeinschaft kommt es nicht an (vgl. Dumke, in Schwarz, AO, § 102 Rz. 5 m. w. N.).

 

Rz. 32

Mandatsträger der deutschen Gesetzgebungsorgane[2], also des Bundestags und der Landtage, haben das Recht, über Personen, die ihnen oder denen sie in ihrer Eigenschaft als Mandatsträger Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsache selbst die Auskunft zu verweigern. Die Vorschrift wiederholt damit Regelungen, die bereits in den jeweiligen Verfassungen[3] enthalten sind. Das Auskunftsverweigerungsrecht besteht auch für Mitglieder des Europäischen Parlaments[4]. Geschützt wird auch hier die Institution (s. Rz. 21), sodass das Verweigerungsrecht durch eine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht[5] nicht erlischt (s. Dumke, in Schwarz, AO, § 102 Rz. 7 m. w. N.).

 

Rz. 33

Die Mitglieder bestimmter Berufsgruppen[6] haben ein Zeugnisverweigerungsrecht, weil zu den Mandanten oder Klienten ein besonders enges Vertrauensverhältnis begründet wird und aufgrund der Tätigkeit ggf. auch Informationen über den privaten Bereich des Beteiligten erlangt werden. Deshalb ergibt sich auch hier, dass die zu ermittelnden Tatsachen den Verweigerungsberechtigten aufgrund ihrer beruflichen Stellung anvertraut oder sonst bekannt geworden sind. Das Zeugnisverweigerungsrecht bezieht sich nicht auf private Kenntniserlangung und solche Tatsachen, die der Berufsangehörige bei Gelegenheit seiner Berufsausübung beobachtet hat und deren Wahrnehmung jedem Unbeteiligten möglich war (vgl. BFH v. 14.12.1988, X R 34/82, BFH/NV 1989, 541; Dumke, in Schwarz, AO, § 102 Rz. 8 m. w. N.). Die Berufstätigkeit braucht im Zeitpunkt des Auskunftsverlangens nicht mehr ausgeübt zu werden. Das Recht zur Auskunftsverweigerung erlischt grundsätzlich jedoch, wenn der Beteiligte hierauf verzichtet und eine Entbindung des Verweigerungsberechtigten von seiner Verschwiegenheitspflicht erfolgt[7].

 

Rz. 34

Das Zeugnisverweigerungsrecht besteht auch in der eigenen Steuersache des Berufsträgers[8]. Es besteht allerdings nur insoweit, als die Vorlage von Unterlagen die Identität seines Mandanten und die Tatsache seiner Beratung aufdecken würde[9]. Für weitergehende Auskünfte bzw. die Vorlage von Unterlagen, die die Identität eines Mandanten und die Tatsachen seiner Beratung nicht berühren, besteht kein Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht.

Damit der Berufsträger seine Mitwirkungspflicht in der eigenen Steuersache (s. Rz. 27) erfüllen kann, hat er die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um geschützte Tatsachen von offenbarungspflichtigen Tatsachen getrennt aufzuzeichnen bzw. in den entsprechenden Unterlagen die geschützten Angaben unkenntlich zu machen[10]. Er hat stets nachzuweisen, dass es sich bei Geschäftsvorfällen nicht um eigene private Geschäfte handelt (vgl. BFH v. 7.3.1989, VIII R 355/82, BFH/NV 1989, 753; Dumke, in Schwarz, AO, § 102 Rz. 8).

 

Rz. 35

Geschützte Berufsgruppen i. S. v. § 102 AO sind:

  • Verteidiger im Strafverfahren[11].

    Rechtsanwälte, Patentanwälte, soweit sie als solche zugelassen sind[12] in Bezug auf ein bestimmtes Mandatsverhältnis, sodass das Auskunftsverweigerungsrecht nicht besteht, wenn das besondere Vertrauensverhältnis durch die Auskunft gar nicht berührt wird (s. Dumke, in Schwarz, AO, § 102 Rz. 9a m. w. N.). Zur Auskunftspflicht hinsichtlich angeblicher Treuhandgelder vgl. BFH v. 27.9.2006, IV R 45/04, BStBl II 2007, 39 und über angeblich fremde Vermögenswerte vgl. BFH v. 16.10.1986, II R 220/83, BFH/NV 1988, 424.

  • Notare, soweit sie als solche bestellt sind[13]. Dieses Verweigerungsrecht besteht gemäß § 102 Abs. 4 AO jedoch nicht in den Fällen, in denen den Notaren kraft Gesetzes Anzeigepflichten auferlegt sind (s. Dumke, in Schwarz, AO, § 102 Rz. 9b m. w. N.).
  • Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer[14] sowie bei Gesellschaften, deren Geschäftsführern oder persönlich haftenden Gesellschaftern. Damit wird das Beratungsgeheimnis in Steuerangelegenheiten geschützt. Das Auskunftsverweigerungsrecht bezieht sich aber nur direkt auf das Mandatsverhältnis (s. Dumke, in Schwarz, AO, § 102 Rz. 9c m. w. N.). Das Auskunftsverweigerungsrecht besteht nicht hinsichtlich solcher Tatsachen, die dem Berufsangehörigen bei Gelegenheit seiner beruflichen Tätigkeit bekannt geworden sind[15]. Für den Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts können die Grundsätze herangezogen werden, die zu dem mit § 102 AO weitestgehend gleichgestalteten § 53 Abs. 1 StPO entwickelt wurden[16]. Danach bezieht sich die Befugnis des Steuerberaters zur Zeugnisverweigerung auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Ber...

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