4.2.1 Verweigerungsberechtigte Personen
Rz. 42
§ 103 S. 1 AO beschreibt den Personenkreis, der zur Auskunftsverweigerung berechtigt ist, negativ. Die Personen dürfen nicht Beteiligte und nicht für einen Beteiligten auskunftspflichtig sein. Es muss sich also um "andere Personen" i. S. v. § 93 Abs. 1 AO (s. Rz. 41) handeln.
4.2.2 Gefahr der Verfolgung
Rz. 43
Voraussetzung des Verweigerungsrechts ist, dass sich aus der Auskunftserteilung die Verfolgungsgefahr für den Auskunftspflichtigen oder einen seiner Angehörigen (§ 15 AO; s. Rz. 11) ergibt.
Diese Gefahr der Verfolgung besteht in der Möglichkeit der Einleitung oder Durchführung eines Verfahrens mit Zielrichtung der Ahndung. Voraussetzung eines solchen Verfahrens ist, dass ein entsprechender Tatverdacht entstehen oder verfestigt werden kann, d. h., dass tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit in Erscheinung treten bzw. erhärtet werden (§ 152 Abs. 2 StPO; s. Dumke, in Schwarz, AO, § 103 Rz. 4a). Hierbei reicht auch eine entfernte Möglichkeit oder nur die Beweiserleichterung für ein bereits anhängiges Verfahren. Ein Anfangsverdacht löst die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aus und damit das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 103 AO.
Diese Gefahr muss objektiv bestehen. Eine Verfolgungsgefahr ist nicht gegeben, wenn eine rechtskräftige Verurteilung wegen der Tat erfolgt oder rechtskräftig eingestellt ist, wenn Rechtfertigungsgründe, schuldbefreiende oder strafausschließende Umstände vorliegen. Damit entfällt das Auskunftsverweigerungsrecht z. B. bei einer wirksamen strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 AO, bei Schuldunfähigkeit gemäß § 19 StGB, bei Verjährung nach §§ 78ff. StGB (s. Dumke, in Schwarz, AO, § 103 Rz. 4c m. w. N.).
4.2.3 Straftat oder Ordnungswidrigkeit
Rz. 44
Durch die Auskunftserteilung muss die Verfolgungsgefahr wegen einer zuvor begangenen Straftat oder Ordnungswidrigkeit erwachsen oder verstärkt werden. Eine Straftat ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung oder Unterlassung, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht. Eine Ordnungswidrigkeit ist nach §§ 1 Abs. 1, 8 OWiG eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung oder Unterlassung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Es muss sich nach § 103 S. 1 AO nicht um eine Steuerstraftat bzw. Steuerordnungswidrigkeit handeln (s. Dumke, in Schwarz, AO, § 103 Rz. 4d). Straf- oder bußgeldrechtlich nicht relevantes Verhalten, das aber dem Auskunftspflichtigen oder seinem Angehörigen "zur Unehre gereichen" würde, rechtfertigt die Auskunftsverweigerung ebenfalls nicht (s. Dumke, in Schwarz, AO, § 103 Rz. 4e). Zur Offenbarungspflicht gesetz- oder sittenwidrigen Handelns s. § 40 AO. Auch steuerliche Nachteile in eigenen Steuerangelegenheiten sind nicht ausreichend. Bei steuerlichen Nachteilen für Angehörige der Auskunftsperson greift entsprechend das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 101 AO ein.
Wegen der Auskunftsverweigerung bei Gefahr disziplinarrechtlicher oder ehrengerichtlicher Verfolgung s. Dumke, in Schwarz, AO, § 103 Rz. 4f.