Rz. 17

Ein zur mündlichen Verhandlung bestimmter Termin kann von Amts wegen oder bei Vorliegen erheblicher Gründe auf Antrag aufgehoben, verlegt oder vertagt werden. Diese prozessleitenden Maßnahmen sind nicht beschwerdefähig[1]. Über § 155 FGO findet § 227 ZPO – mit Ausnahme von dessen Abs. 3[2] – entsprechende Anwendung.

2.1 Aufhebung, Verlegung, Vertagung

 

Rz. 18

Aufhebung ist Absetzen eines Termins zur mündlichen Verhandlung vor seiner Durchführung, ohne gleichzeitig einen neuen Termin zu bestimmen. Verlegung ist Absetzen vor Durchführung unter gleichzeitiger Bestimmung eines neuen Termins. Vertagung ist Bestimmung eines neuen Termins nach Beginn der mündlichen Verhandlung. Wird ein Verhandlungstermin lediglich um wenige Stunden verschoben (z. B. von 10 Uhr auf 12.30 Uhr), stellt diese Verschiebung keine Terminsaufhebung dar, sodass eine erneute Ladung unter Beachtung der Ladungsfrist des § 91 Abs. 1 FGO entbehrlich ist[1].

 

Rz. 19

Streitig ist, ob nach Vertagung im neuen Termin dieselben haupt- und ehrenamtlichen Richter wegen der Einheit der mündlichen Verhandlung und der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme mitwirken müssen wie im ersten Termin oder ob entsprechend der Liste nach § 27 FGO die Besetzung wechseln muss, um den Vorschriften über den gesetzlichen Richter Genüge zu tun.

 

Rz. 20

Der BFH löst das Problem, indem er zwischen Vertagung und bloßer Unterbrechung der mündlichen Verhandlung unterscheidet. Will das Gericht die mündliche Verhandlung aufheben und zu einem anderen Termin neu beginnen, soll eine Vertagung vorliegen mit der Folge, dass dann mit anderen, nach § 27 FGO zuständigen ehrenamtlichen Richtern neu verhandelt und ggf. die Beweisaufnahme wiederholt werden muss[2]. Will das Gericht die mündliche Verhandlung dagegen zu einem späteren Termin fortsetzen, weil es auf die Unmittelbarkeit der Beweiserhebung Wert legt, soll es sich, wenn nicht eine zu lange Zeitspanne zwischen den Terminen liegt, um eine bloße Unterbrechung handeln, sodass mit denselben ehrenamtlichen Richtern weiter zu verhandeln ist[3]. In der nach Unterbrechung fortgesetzten Sitzung dürfen allerdings keine neuen Sachen mit den alten Richtern verhandelt werden.

 

Rz. 21

Die finanzgerichtliche Praxis hat sich dem BFH angeschlossen. Es bleibt darauf hinzuweisen, dass im Fall einer Vertagung die Probleme zu lösen sind, die bei Wechsel der Richterbank im Hinblick auf die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme auftreten[4].

2.2 Verfahren

 

Rz. 22

Über Aufhebung und Verlegung entscheidet der Vorsitzende, über Vertagung und Unterbrechung das Gericht. Die Entscheidungen, die von Amts wegen oder auf Antrag ergehen, bedürfen entgegen § 227 Abs. 4 S. 2 ZPO keiner Begründung, denn sie sind unanfechtbar[1].

 

Rz. 23

Die Terminänderung liegt grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Würde durch die Ablehnung einer Terminänderung der Anspruch auf rechtliches Gehör bzw. eine ordnungsgemäße Vertretung verhindert, liegen erhebliche Gründe vor, und der Termin muss geändert werden, auch wenn die Sache entscheidungsreif ist und durch die Verlegung eine erhebliche Verzögerung eintritt[2]. § 227 Abs. 1 ZPO enthält nur eine beispielhafte Aufzählung der Versagungsgründe. Die Rspr. hat dazu eine umfangreiche Kasuistik entwickelt. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass erhebliche Gründe für eine Terminänderung immer dann gegeben sind, wenn ein Beteiligter oder sein Bevollmächtigter ohne Verschulden an der Wahrnehmung oder Vorbereitung des Termins verhindert ist, die Verhinderung also nicht nur auf Gleichgültigkeit gegenüber dem Verfahren oder auf Verschleppungsabsicht beruht[3]. Dabei hängt es von den Verhältnissen des Einzelfalls ab, ob erhebliche Gründe für eine Verlegung vorliegen. Der Prozessstoff und die persönlichen Verhältnisse der Beteiligten und ihrer Prozessbevollmächtigten sind dabei ebenso zu berücksichtigen wie der Umstand, dass das FG im steuergerichtlichen Verfahren die einzige Tatsacheninstanz ist und die Beteiligten ein Recht darauf haben, ihre Sache in einer mündlichen Verhandlung vorzutragen[4].

 

Rz. 24

Die erheblichen Gründe sind substantiiert vorzutragen[5] und auf Verlangen glaubhaft zu machen[6]. Dabei müssen die substantiierte Begründung eines Terminverlegungsantrags und eine Glaubhaftmachung der darin aufgestellten tatsächlichen Behauptungen unaufgefordert erfolgen. Eines diesbezüglichen richterlichen Hinweises bedarf es jedenfalls bei einem sachkundigen Antragsteller nicht[7].

 

Rz. 25

Der Vorsitzende bzw. das Gericht sollten bei Terminsverlegungsanträgen in Anbetracht der gefährdeten Ansprüche auf rechtliches Gehör und ordnungsgemäße Vertretung sowie wegen der Bedeutung der mündlichen Verhandlung für das Verfahren großzügig bei der Gewährung von Terminänderungen sein[8].

 

Rz. 26

Wird der Verlegungsantrag kurzfristig ge...

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