2.2.1 Klagearten
Rz. 9
Ein Grundurteil nach § 99 Abs. 1 FGO kann bei Leistungsklagen ergehen. Hierzu zählen die Verpflichtungsklage als besondere Art der Leistungsklage, bei der die begehrte Leistung im Erlass eines Verwaltungsakts besteht, sowie die allgemeine Leistungsklage. Besteht bei einer Leistungsklage der Anspruch des Klägers nicht, ist die Klage durch Endurteil, nicht durch Grundurteil abzuweisen. Weiter kann ein Grundurteil im Rahmen einer Anfechtungsklage erfolgen. Im Fall einer Anfechtungsklage kann ein Grundurteil nur dann ergehen, wenn die vom Kläger bestrittene Steuerforderung dem Grunde nach bejaht wird. Besteht die Steuerforderung dem Grunde nach nicht, ist der Klage durch Endurteil stattzugeben. Ein Grundurteil ist demnach nur im Rahmen von Feststellungsklagen ausgeschlossen.
2.2.2 Strittiger Anspruch
Rz. 10
Anspruch i. S. d. § 99 Abs. 1 FGO ist der materielle Anspruch aus dem Steuerrechtsverhältnis, nicht der Prozessanspruch des Klägers. Wenn dieser Anspruch nach Grund und Betrag teilbar und beides streitig ist, kommt ein Grundurteil in Betracht. Dies kann auch bei Entschädigungsansprüchen gem. § 155 Satz 2 FGO, § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG der Fall sein.
Rz. 11
Der BFH ist in st. Rspr. der Auffassung, dass bei Klagen gegen gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellungs-, Gewerbesteuermess- und Einheitswertbescheide ein Grundurteil unzulässig sei, weil "Anspruch" i. S. d. § 99 FGO der materiell-rechtliche Steueranspruch sei und der Rechtsstreit in den vorgenannten Fällen nur jeweils ein Element des Anspruchs bzw. einzelne Besteuerungsgrundlagen des Anspruchs betreffe. Dagegen spricht jedoch, dass materiell-rechtlicher Anspruch aus dem Steuerrechtsverhältnis beim Streit um Feststellungs-, Gewerbesteuermess- und Einheitswertbescheide nicht die Höhe der in Folgebescheiden festzusetzenden Steuern ist, sondern die Berechtigung des Beklagten, Besteuerungsgrundlagen dem Grunde und der Höhe nach festzustellen. Daher kann beim Streit um einen Feststellungsbescheid ein Grundurteil dazu ergehen, dass die Voraussetzungen für ein Feststellungsverfahren gegeben sind, wenn gleichzeitig die Höhe des festgestellten Gewinns streitig ist. Durch die Anfügung des § 99 Abs. 2 FGO dürfte die Kontroverse für die Praxis an Bedeutung verloren haben, sofern der Kläger oder der Beklagte einem Zwischenurteil nach § 99 Abs. 2 FGO nicht widersprechen.
2.2.3 Grund und Betrag
Rz. 12
Weitere Voraussetzung für den Erlass eines Grundurteils ist, dass der in Rede stehende Anspruch nach Grund und Höhe teilbar und hinsichtlich beider Teile strittig ist. Es muss sich also um bezifferbare Ansprüche handeln. Wenn der Streit über den Grund und die Höhe des Anspruchs getrennt geführt werden kann, kann das Grundurteil als Zwischenurteil nicht in Gegensatz zum Endurteil treten und ist ein Grundurteil möglich. Darauf allein ist nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift abzustellen. Die Lehre vom Streitgegenstand spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, denn anders als in § 98 FGO wird in § 99 FGO auf diesen nicht abgestellt. Durch die Anfügung des § 99 Abs. 2 FGO hat jedoch der Streit, ob der Streitgegenstandsbegriff hier von Bedeutung ist, an Relevanz verloren.
Rz. 13
Ein Grundurteil mit dem (auch) über die Höhe des Anspruchs oder einzelne -die Höhe des Steueranspruchs beeinflussende- Besteuerungsgrundlagen entschieden wird, ist nicht zulässig. Das Gericht muss beim Grundurteil sämtliche den streitbefangenen Anspruch begründenden Umstände prüfen und bejahen. Es darf nur die Höhe der festzusetzenden Steuer für das Endurteil offen bleiben. Jedenfalls muss der Steueranspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe bestehen.
Rz. 14
Ein Grundurteil kann über die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen eines Steueranspruchs ergehen (z. B. unbeschränkte Steuerpflicht, Änderungsvoraussetzungen, Verjährung u. Ä.), wobei zu beachten ist, dass nach Erlass des Grundurteils nur noch ein Streit über die Höhe bestehen darf. Auch über das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung dem Grunde nach kann zunächst durch e...