Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 539i
Bei verbilligter Abgabe von Waren an das Personal, z. B. durch Belegschaftsrabatte, ist das vom Personal zu zahlende Entgelt meist höher als die Bemessungsgrundlage des § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG mit dem fiktiven Einkaufspreis bzw. den Selbstkosten. In diesen Fällen ist die Mindestbemessungsgrundlage nicht anwendbar. Umsatzsteuerlich sind daher nur außergewöhnlich hohe Rabatte von Bedeutung, die z. B. leitenden Angestellten gewährt werden. Bei massenhaften Zuwendungen, die nicht nur Aufmerksamkeiten sind (z. B. stark verbilligtes Kantinenessen), kann die Mindestbemessungsgrundlage ebenfalls noch bei verbilligter Ausführung von sonstigen Leistungen heranzuziehen sein. Zur vereinfachten Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei verbilligter Abgabe von Mahlzeiten in der Betriebskantine dienen die in Abschn. 1.8 Abs. 10 – Abs. 12 UStAE enthaltenen Beispiele.
Voraussetzung ist aber immer, dass die verbilligte Leistung bei Unentgeltlichkeit überhaupt steuerbar wäre; vgl. Rz 538a.
Zu bestimmten Sachverhalten haben – regelmäßig Landesbehörden – zum Ansatz einer Bemessungsgrundlage bei verbilligter (oder teilweise auch unentgeltlicher) Abgabe von Leistungen an das Personal Stellung genommen:
- Bemessungsgrundlage für die verbilligte Lieferung von Strom und Gas an Arbeitnehmer.
- Bemessungsgrundlage für den Haustrunk im Brauereigewerbe.
Rz. 539j
Werden von einer Vereinigung im öffentlichen Bereich (z. B. Personennahverkehr) an Dritte Leistungen üblicherweise zu nicht kostendeckenden Preisen erbracht (z. B. nach amtlich festgesetzten Tarifen), braucht bei der Berechnung dieser Preise auch gegenüber Mitgliedern der Vereinigung nicht die Mindestbemessungsgrundlage angewendet zu werden. Es können die Preise abzüglich USt angesetzt werden, die die Vereinigung von Dritten verlangt.
Rz. 539k
Erbringt ein Verein Sonderleistungen an seine Mitglieder, ist nach der Verwaltungsauffassung gem. Abschn. 10.7 Abs. 1 nach S. 11 Bsp. 3 UStAE zu unterscheiden, ob der Verein als gemeinnützig anerkannt ist oder nicht. Bei nicht als gemeinnützig anerkannten Vereinen soll die Mindestbemessungsgrundlage voll anzuwenden sein. Sind die Ausgaben der vom Mitglied in Anspruch genommenen Leistung höher als das von ihm bezahlte Entgelt, soll das marktübliche Entgelt anzusetzen sein. Es soll beim Ansatz der Mindestbemessungsgrundlage sich die Prüfung erübrigen, ob ein Teil der Mitgliedsbeiträge als Entgelt für Sonderleistungen anzusehen sei.
Rz. 539l
Bei gemeinnützigen Vereinen soll nach Auffassung der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen die Mindestbemessungsgrundlage grundsätzlich nicht angewendet werden. Erbringt der Verein an seine Mitglieder Sonderleistungen gegen Entgelt, soll nur dann eine Ermittlung der Ausgaben vorgenommen werden, wenn die Entgelte nicht marktüblich und offensichtlich nicht kostendeckend sind. Damit sollen Probleme mit der Anerkennung als gemeinnützige Einrichtung vermieden werden, da dafür Voraussetzung ist, dass den Mitgliedern keine Vorteile zugewendet werden.
Rz. 539m
Kein Fall der Mindestbemessungsgrundlage ist gegeben, wenn sich negative Preise ergeben, wie dieses etwa beim börslichen Stromhandel vorkommt.