Rz. 231
Die zollrechtlichen Vorschriften über die passive Veredelung sind durch § 21 Abs. 2 UStG von der sinngemäßen Anwendung auf die EUSt ausgeschlossen (§ 21 UStG Rz. 52ff.).
Rz. 232
Die Bemessungsgrundlage für im Drittlandsgebiet veredelte Gegenstände hat in § 11 Abs. 2 UStG für die EUSt eine eigenständige Regelung erfahren. Die Vorschriften über den Zollwert und das Entgelt sind nur gültig, soweit § 11 Abs. 2 UStG auf sie Bezug nimmt. Auf veredelt eingeführte Gegenstände, die vor der Einfuhr geliefert worden sind und deren Lieferung nicht der USt unterlegen hat, ist Abs. 2 nicht anwendbar; für sie gilt die allgemeine Regelung in § 11 Abs. 1 UStG.
Rz. 233
Auf Fälle des vorschriftswidrigen Verbringens veredelter Gegenstände ist § 11 Abs. 2 UStG auch anwendbar, wenn der Schuldner in der Lage ist, die entsprechenden Nachweise zu führen (DV EUSt Abs. 39 S. 2).
Rz. 234
Passive Veredelungsverkehre für EUSt können nicht bewilligt werden, auch nicht für Personen, die hinsichtlich der veredelt wieder eingeführten Gegenstände nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind. Ein zollrechtlich bewilligter Veredelungsverkehr hat einfuhrumsatzsteuerrechtlich keine Wirkung (DV EUSt Abs. 8). Das bedeutet, dass die Zollvorschriften über die Abwicklung des passiven Veredelungsverkehrs weder bei der Ausfuhr der unveredelten Ware noch bei der Einfuhr (z. B. Nämlichkeitssicherung) für die Erlangung der Abgabenermäßigung nach § 11 Abs. 2 UStG Voraussetzung sind.
Rz. 235
Die Regelung für die EUSt kann zu unzumutbaren Belastungen des Einführers führen, wenn der Einführer hinsichtlich der wieder eingeführten veredelten Ware zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Das ist der Fall, wenn der Unternehmer nur verhältnismäßig geringe Umsatzsteuerbeträge zu zahlen hat, die EUSt-Beträge aber höher sind.
Rz. 236
Die mWv 1.1.1980 eingeführte Regelung des § 11 Abs. 2 UStG sieht vor, dass die Bemessungsgrundlage für die Einfuhr veredelter Gegenstände auf der Grundlage des Veredelungsentgelts (ggf. der Wertsteigerung) unter den Voraussetzungen ermittelt wird, dass die Gegenstände
- zuvor ausgeführt worden sind,
- im Drittlandsgebiet für Rechnung des Ausführers veredelt worden sind,
- vom Ausführer oder für ihn wieder eingeführt werden und
- vor der Einfuhr nicht geliefert worden sind; sind die Gegenstände vor ihrer Einfuhr geliefert worden, muss für die Lieferung deutsche USt in Rechnung gestellt worden sein.
Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, muss die Bemessung der EUSt nach dem Veredelungsentgelt bzw. der Wertsteigerung erfolgen. Einer Bewilligung, wie sie für den passiven Veredelungsverkehr nach den Zollvorschriften erforderlich ist, bedarf es für die Anwendung des § 11 Abs. 2 UStG nicht. Es müssen auch nicht die für die Bewilligung eines passiven Veredelungsverkehrs erforderlichen weiteren Voraussetzungen, z. B. Buchführungspflichten, Gewähr für den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf (Art. 211 Abs. 3 UZK), erfüllt sein. § 11 Abs. 2 UStG gilt auch, wenn ein passiver Veredelungsverkehr nicht bewilligt wurde bzw. bewilligt werden konnte. Sind die o. a. Voraussetzungen nicht zweifelsfrei erfüllt, ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die EUSt vom Zollwert auszugehen.
Rz. 237
Der Einführer muss ggf. das Vorliegen der o. a. Voraussetzungen nachweisen. Die Zollverwaltung begnügt sich mit einer in der für die Zollanmeldung vorgeschriebenen Form abgegebenen Erklärung, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 UStG vorliegen. Bestehen an der Richtigkeit der Erklärung Zweifel, muss der Zollbeteiligte den Nachweis dafür erbringen, dass die Erklärung richtig ist. Die Zollverwaltung verzichtet i. d. R. auf einen solchen Nachweis, wenn die zu erhebende EUSt in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen werden kann.
Rz. 238
Für die Ausfuhr der unveredelten Ware bedarf es keiner besonderen Ausfuhrabfertigung; insbesondere ist die zollamtliche Überwachung der Ausfuhr und die Nämlichkeitssicherung für die Anwendung des § 11 Abs. 2 UStG nicht Voraussetzung. Kann der Zollbeteiligte wegen der Beschaffenheit der Ware (Textilien, Rohmaterial, Zutaten) nicht nachweisen, dass es sich bei der Wiedereinfuhr der veredelten Ware um die zuvor ausgeführte Ware handelt und wird nicht gleichzeitig ein passiver Veredelungsverkehr nach den Zollvorschriften abgewickelt, kann er die zollamtliche Nämlichkeitssicherung beantragen. Das Zollamt vermerkt die Nämlichkeitsmittel in einer Unterlage des Ausführers (DV EUSt Abs. 40). Anstelle des ausgeführten Gegenstands kann auch ein anderer Gegenstand eingeführt werden, der dem ausgeführten nach Menge und Beschaffenheit nachweislich entspricht (§ 11 Abs. 2 S. 2 UStG); diese Regelung gilt nur, wenn die Veredelung in einer Ausbesserung bestand (Rz. 250).
Rz. 239
Die eingeführten Waren müssen für Rechnung des Ausführers im Drittlandsgebiet veredelt worden sein. Lautet die Rechnung nicht auf den Ausführer, sondern auf einen Vermittler, der seinerseits dem Ausführer das Veredelungsentgelt in Rechnung stellt, liegt gewöhnlich ein inländischer ...