3.1 Definition von Speisen und Getränken
3.1.1 Begriff der Speisen
Rz. 12a
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG ist die Abgabe von Getränken von der befristeten Steuerermäßigung ausgenommen. Das bedeutet, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nur für die Speisenabgabe innerhalb von Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen gilt. Der Begriff der Speisen ist nach der Entstehungsgeschichte weit auszulegen. Unter Speisen sind alle Lebensmittel zu verstehen, die im Zeitpunkt der Abgabe unmittelbar, d. h. ohne weitere Zubereitung zum Verzehr durch Menschen geeignet sind. Es ist dabei ohne Bedeutung (vgl. auch § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG Rz 27),
- ob der Unternehmer (z. B. Gastwirt, Imbissbetreiber) die Speisen besonders zubereitet hat (z. B. Gerichte jeder Art; auch belegte Brötchen, die der Unternehmer selbst hergestellt hat),
- ob der Unternehmer sie in einem zubereiteten Zustand erworben hat (z. B. Fertiggerichte, die von einem Catering-Unternehmen eingekauft wurden; Brötchen, Butter, Marmelade usw., die zum Frühstück gereicht werden; Brot, das ein Gast zusätzlich zu einem Suppengericht bestellt),
- ob die Lebensmittel sich in rohem Zustand befinden (z. B. frisches Obst, das als Nachtisch verabreicht wird),
- oder ob sie besonders verpackt sind (z. B. Schokolade oder Pralinen; Kekse, die als Zwischenmahlzeit zum Verzehr verabreicht werden; Erdnüsse, Salzstangen oder Gebäck, die auf den Tischen bereitgehalten werden; verpacktes Speiseeis, das zum Nachtisch gereicht wird).
3.1.2 Begriff der Getränke
Rz. 12b
Als Getränke sind nach dem Sprachgebrauch alle Flüssigkeiten zu verstehen, die unmittelbar – d. h. ohne weitere Zubereitung – zum Trinken durch Menschen geeignet sind. Ähnlich wie bei den Speisen ist auch bei den Getränken eine weite Auslegung geboten. Unter den Begriff der Getränke fallen sowohl alkoholische als auch alkoholfreie Getränke. Als nicht begünstigte Getränke innerhalb von Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen kommen z. B. in Betracht: Tafelwasser, Säfte, Brausegetränke, Tee, Kaffee, Milchmischgetränke, Milch, Bier, Wein, Liköre, Brände und Schnäpse (vgl. auch § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG Rz 28). Suppen gehören – auch wenn sie als Flüssigkeiten anzusehen sind – nicht zu den Getränken. Deshalb gehören sowohl Vorsuppen als auch Suppen als Hauptspeisen zu den Speisen (Rz. 12a) und unterliegen bei Abgabe im Restaurant usw. im Zeitraum vom 1.7.2020 bis 31.12.2023 dem ermäßigten Steuersatz.
3.2 Abgrenzung von Lieferungen und Dienstleistungen
Rz. 13
Verzehrfertig zubereitete Speisen können sowohl im Rahmen einer – stets dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. verschiedenen Nrn. der Anlage 2 des UStG unterliegenden – Lieferung (z. B. Speisen zum Mitnehmen) als auch im Rahmen einer – bis 30.6.2020 und ab 1.1.2024 dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden – sonstigen Leistung (Speisen zum Verzehr in einer Gaststätte usw.) abgegeben werden. Handelt es sich bei der Speisenabgabe um eine sonstige Leistung (Restaurantdienstleistung), unterliegt der gesamte Umsatz (einschließlich der Abgabe von in der Anlage 2 des UStG aufgeführten Nahrungsmitteln) bis zum 30.6.2020 und ab dem 1.1.2024 dem allgemeinen Steuersatz von 19 %.
Rz. 14
Die Abgrenzung der umsatzsteuerrechtlich begünstigten Speisenlieferungen von den bis 30.6.2020 und ab 1.1.2024 nicht begünstigten Restaurantdienstleistungen richtet sich danach, welche Leistungselemente aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers und unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien den wirtschaftlichen Gehalt der Leistung bestimmen. Die Verwaltung hat ihre Auffassung hierzu unter Berücksichtigung der umfangreichen EuGH- und BFH-Rechtsprechung in Abschn. 3.6 UStAE zusammengefasst und bei Bedarf stets aktualisiert.
Restaurantdienstleistungen liegen danach vor allem vor, wenn eine die Bewirtung fördernde Infrastruktur bereitgestellt wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Tische und Stühle zur Verfügung stehen, die ausschließlich oder in erster Linie dem Verzehr der Speisen dienen (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG Rz. 64ff.). Dagegen handelt es sich z. B. um stets begünstigte Lieferungen von Speisen, wenn bei einer Würstchen- oder Frittenbude nur Ablagebretter oder Stehtische zum Verzehr der erworbenen Speisen vorhanden sind (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG Rz. 61ff.). Es reicht jedoch für die Annahme von Restaurantdienstleistungen nicht aus, dass Tische und Stühle vorhanden sind. Vielmehr müssen diese Verzehrvorrichtungen dem Gastwirt usw. auch zugerechnet werden.
3.3 Speisen und Getränke zum Mitnehmen
Rz. 15
Speisen zum Mitnehmen ("to go") bieten neben Imbissbetrieben und Fast-Food-Ketten auch normale Restaurants und Gaststätten (z. B. Pizzerien mit Pizza-Bringdienst) an. Nach der wegen der COVID-19- Pandemie behördlich verfügten Schließung von Restaurants und Gaststätten ab März 2020 und in den nachfolgenden Lockdowns haben darüber hinaus weitere gastronomische Betriebe Speisen und Getränke zum Mitnehmen angeboten, um in dieser Zeit wenigstens geringfügige Umsätze zu erzielen. Betriebe, die neben der Bewirtung von Gästen im Loka...