Rz. 13
Bei einer Forderungsabtretung im Rahmen eines Forderungsverkaufs stellt sich die Frage, ob die Haftung des § 13c UStG eingreifen darf, weil der Abtretende dann eine ihm zufließende Gegenleistung in Geld erhält. Eine solche Abtretung ist z. B. bei der echten Forfaitierung und dem echten Factoring zu finden, u. U. auch bei entsprechend gestalteten Asset-Backet-Securities-(ABS)-Transaktionen. Stehen bei der Abtretung der abgetretene Betrag und die Gegenleistung sich betragsmäßig vollständig oder zum großen Teil gegenüber, könnte der grundsätzliche Ausschluss einer Beachtung des Abtretungsgrunds (s. Rz. 9) ausnahmsweise zurücktreten, da Sinn und Zweck der Haftung hier auch bei weiterer Berücksichtigung mit ihr nicht zu vereinbaren wären. Das könnte angenommen werden, wenn Abtretungsbetrag und Gegenleistung für die Abtretung gleichwertig sind. Eine Haftung könnte dann gegen das Übermaßverbot verstoßen. Nach Auffassung der Verwaltung gilt in den Fällen des Forderungsverkaufs die Forderung als nicht durch den Abtretungsempfänger vereinnahmt, soweit der Leistende und Abtretende für die Abtretung der Forderung eine Gegenleistung in Geld vereinnahmt.
Rz. 14
Zum echten Factoring hätte sich nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH zunächst die Frage ergeben, ob die Forderungsabtretung an einen Unternehmer als Abtretungsempfänger geht (Rz. 19). Der EuGH hat auf Vorlage des BFH abweichend von dieser Rechtsprechung die Unternehmereigenschaft des Factors bejaht und umsatzsteuerrechtliche Unterschiede zwischen echtem und unechtem Factoring verneint. Eine wirtschaftliche Tätigkeit des Factors bestehe darin, dass er durch Dienstleistungen den Anschlusskunden von der Einziehung der Forderung und dem Risiko der Nichtzahlung befreie.
Rz. 15
Der BFH und die Verwaltung haben sich der Auffassung des EuGH angeschlossen. Nach dieser Auffassung erscheint es fraglich, ob überhaupt ein Forderungsverkauf und damit eine Abtretung des Anschlusskunden an den Factor gegeben ist und eine Haftung nach § 13c UStG in Betracht kommt. Bei Heranziehung des Übermaßverbots (Rz. 6, Rz. 12) muss eine Haftung nach § 13c UStG ausscheiden, wenn der Abtretende für die verkaufte Forderung kurzfristig ein volles Entgelt erhält. Die hier vertretene Auffassung entspricht im Übrigen der von der Verwaltung vertretenen Meinung, dass bei Vereinnahmung der Forderung durch den Abtretungsempfänger und bei Weiterleitung des eingezogenen Geldbetrags an den Abtretenden die Haftung sich auf den einbehaltenen Restbetrag beschränke, bei voller Abführung also die Haftung entfalle. Sind die abgetretene Forderung und die Gegenleistung beim Forderungsverkauf nicht gleichwertig, käme folgerichtig eine Haftung nur in Höhe der USt aus dem überschießenden Wert der abgetretenen Forderung in Betracht.
Die Haftung des Abtretungsempfängers (Factors) nach § 13c UStG kann auch nicht dadurch ausgeschlossen werden, indem der Factor dem abtretenden Unternehmer liquide Mittel zur Verfügung stellt, aus denen dieser seine Umsatzsteuerschulden hätte begleichen können.
Deshalb ist es auch steuerrechtlich nicht möglich, eine Haftung des Abtretungsempfängers dadurch zu vermeiden, indem zivilrechtliche Vereinbarungen eine Verpflichtung des Abtretenden enthalten, die USt zu zahlen, für die der Abtretungsempfänger (ggf. anteilig) haftet. Gleichwohl können sich zivilrechtliche Regressansprüche des Abtretungsempfängers gegen den Abtretenden im Innenverhältnis auf Erstattung der im Haftungswege geschuldeten USt auf vertraglicher Grundlage ergeben.
Die Ausführungen zum echten Factoring gelten entsprechend in den Fällen, in denen sich ein Unternehmer einzelne Forderungen vorfinanzieren lässt, er also den Gegenwert der Forderung ausgezahlt erhält.