Rz. 21
Die Abtretung durch den leistenden Unternehmer muss den Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG betreffen. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG befasst sich allerdings nicht mit der Steuerpflicht, sondern mit der Steuerbarkeit. Gemeint sind also die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Umsätze, für die keine Steuerbefreiung gilt. Die Umsätze sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar, wenn sie Leistungen (Lieferungen oder sonstige Leistungen) für das Unternehmen sind, die im Inland gegen Entgelt ausgeführt werden. Die unentgeltlichen Lieferungen nach § 3 Abs. 1 Buchst. b UStG und die unentgeltlichen sonstigen Leistungen nach § 3 Abs. 9a UStG fallen also nicht hierunter. Bei ihnen fehlt es auch an einer Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz. Bei nichtsteuerbaren oder steuerfreien Umsätzen scheidet eine Haftung aus. Bei nichtsteuerbaren oder steuerfreien Umsätzen ist aber in der Gegenleistung keine USt enthalten, für die gehaftet werden könnte.
Rz. 22
Für die Haftung ist es ohne Bedeutung, ob der steuerpflichtige Umsatz gegenüber einem Unternehmer oder einem Nichtunternehmer erbracht worden ist. Die Steuerpflicht ist hiervon nicht abhängig, da in beiden Fällen im Preis der Leistung USt enthalten ist. Der Leistungsempfänger braucht im Gegensatz zum abtretenden Leistenden und zum Abtretungsempfänger kein Unternehmer zu sein.
Rz. 23
Maßgebend für das Bestehen einer Steuerpflicht ist die zutreffende, nicht die vermeintliche Rechtslage. Es kommt also nicht auf die subjektive Einschätzung durch die an der Abtretung Beteiligten an, wenn diese unzutreffend ist. Zur Rechtslage bei Aussetzung der Vollziehung der Steuerfestsetzung gem. § 361 Abs. 2 AO oder § 69 Abs. 2 u. 3 FGO vgl. Abs. 1 S. 2 und Rz. 33. Sehen die Beteiligten den Umsatz fälschlich als nichtsteuerbar oder steuerfrei an, so könnte an sich die in dem Preis (ohne Berechnung von USt) enthaltene USt dennoch Gegenstand der Haftung sein. In diesen Fällen fehlt es jedoch regelmäßig an einer Festsetzung der USt, da in der USt-Voranmeldung und in der Jahreserklärung weder die nichtsteuerbaren noch die steuerfreien Umsätze so angegeben werden, dass eine Steuerfestsetzung stattfindet. Die Festsetzung der Steuer ist aber eine der Grundvoraussetzungen der Haftung gem. § 13c Abs. 1 S. 1 UStG. Entsprechendes muss gelten, wenn von einem zu niedrigen Steuersatz ausgegangen wird, sodass die USt nur unter Ansatz dieses Steuersatzes festgesetzt wird.
Rz. 24
Wird USt unrichtig oder unberechtigt ausgewiesen (§ 14c Abs. 1 bzw. Abs. 2 UStG), scheidet eine Haftung aus. Beim unberechtigten USt-Ausweis in einer Rechnung wird nicht von einem Unternehmer für eine steuerpflichtige Leistung abgerechnet. Der Steuer liegt nicht der für die Haftung gem. § 13c Abs. 1 S. 1 UStG erforderliche steuerpflichtige "Umsatz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1" zugrunde. Beim unrichtigen USt-Ausweis für eine steuerfreie Leistung ist ebenso wie beim unberechtigten USt-Ausweis kein steuerpflichtiger Umsatz gegeben, der eine Haftung auslösen kann. Die unzutreffende Festsetzung der zu hohen Steuer kann die Haftung nicht begründen. Ein unrichtiger, zu hoher USt-Ausweis soll nach Stadie zu einer Haftung auch für den Mehrbetrag führen. Diese Auffassung würde sich aus dem Sinn und Zweck der Haftungsvorschrift ableiten (Rz. 4 bis Rz. 7), da durch die Abtretung der Forderung mit dem zu hohen USt-Anteil der Abtretende entreichert, der Abtretungsempfänger dagegen bereichert wird. Da der Wortlaut der Vorschrift, so Stadie (a. a. O.), dieser Auslegung nicht entgegensteht und die USt auch zu hoch festgesetzt wird, sei eine Haftung nach § 13c UStG zu bejahen.