3.2.1 Allgemeines
Rz. 76
Da nach § 15a Abs. 1 S. 1 UStG in der ab 1.1.2002 gültigen Fassung und Abs. 2 S. 1 in der ab 1.1.2005 gültigen Fassung Vergleichsmaßstab für eine Vorsteuerberichtigung allein die beim Leistungsbezug vorhandenen oder beabsichtigten Verwendungsverhältnisse sind (Rz. 9), kann nunmehr auch im Kj. der erstmaligen tatsächlichen Verwendung eine Vorsteuerberichtigung möglich sein. Kommt es allerdings bereits im Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs zur Verwendung der bezogenen Leistung, so muss sich der Umfang des Vorsteuerabzugs m. E. nach der tatsächlichen und nicht nach der beabsichtigten Verwendung richten. Für § 15a UStG ist in einem solchen Fall kein Raum.
Rz. 77
Eine Änderung der Verhältnisse i. S. d. § 15a UStG liegt in erster Linie vor, wenn sich in der Folgezeit ein höherer oder niedrigerer Vorsteuerabzug ergeben würde, als er nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs zulässig war. Bei Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist jeweils für jedes Kj. der Änderung fiktiv zu prüfen, in welchem Umfang der Vorsteuerabzug gegeben wäre, wenn die zeitlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erst in dem jeweiligen Kj. der Änderung gegeben wären. Hierfür sind jeweils die Verwendungsverhältnisse des Wirtschaftsguts in den einzelnen Kalenderjahren der Änderung zu bestimmen. Maßgebend sind auch hier die Verhältnisse im gesamten Kalenderjahr. Differieren die Verhältnisse im Laufe des Jahres, so sind die jeweiligen Verhältnisse für die einzelnen Zeitabschnitte zu ermitteln und nach entsprechender Gewichtung zu einem einheitlichen Jahresverwendungsverhältnis zusammenzufassen.
Erstmalige Verwendung des Wirtschaftsguts im Juli 01
Verwendungsverhältnisse im Jahr 01:
Verwendung zur Ausführung |
steuerpfl. |
steuerfreie Umsätze (§ 4 Nr. 8ff.) |
Juli 01 |
100 % |
0 |
August-Oktober 01 |
80 % |
20 % |
November-Dezember 01 |
40 % |
60 % |
Die Verwendungsverhältnisse im Jahr 01 betragen:
1/6 * 100 % + 3/6 * 80 % + 2/6 * 40 % = 420/6 % = 70 %
Verwendung zur Ausführung steuerpflichtiger und 30 % zur Ausführung steuerfreier Umsätze.
Rz. 78
Bei einem Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen, wenn die tatsächliche Verwendung (regelmäßig Veräußerung des Wirtschaftsguts) von der beim Erwerb des Wirtschaftsguts gegebenen Verwendungsabsicht abweicht. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist gem. § 15a Abs. 2 S. 2 UStG – losgelöst von einem Berichtigungszeitraum – in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Wirtschaftsgut tatsächlich verwendet wird. Sie ist in dem Umfang durchzuführen, in dem sich die Verwendungsverhältnisse, verglichen mit denen im Zeitpunkt der Anschaffung, geändert haben (vgl. das Beispiel in Rz. 35).
Rz. 79
Endet der Berichtigungszeitraum während des Kalenderjahres, so sind nur die Verhältnisse zu berücksichtigen, die bis zum Ablauf dieses Zeitraums eingetreten sind.
Rz. 80
Ändert sich das Verhältnis der unternehmerischen zur nichtunternehmerischen Verwendung, so liegt darin allein keine Änderung der Verwendungsverhältnisse i. S. d. § 15a UStG. Die Verwendung eines Wirtschaftsguts für Zwecke außerhalb des Unternehmens ist nach § 3 Abs. 9a S. 1 Nr. 1 UStG ein Umsatz, sodass grundsätzlich unabhängig vom Umfang der nichtunternehmerischen Verwendung das dem Unternehmen zugeordnete Wirtschaftsgut weiterhin zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, an deren Beurteilung gem. § 15 Abs. 2–3 UStG sich nichts ändert. Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Umfang der außerunternehmerischen Verwendung ändert und dieser Umsatz für den Vorsteuerabzug anders als die übrigen Verwendungsumsätze beurteilt wird.
Ein Fahrzeug wird – wie bei der Anschaffung beabsichtigt – zunächst zu 30 % privat, im Übrigen gleichmäßig für steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze verwendet. In einem späteren Jahr erhöht sich die private Verwendung auf 40 %. Durch die Erhöhung des Eigennutzungsanteils ist eine Änderung der Verhältnisse eingetreten, weil sich dadurch gleichzeitig der Umfang der Verwendung des Fahrzeugs für steuerfreie Umsätze von 35 % auf 30 % vermindert.
Rz. 81
Erhöht sich bei einem sowohl unternehmerisch als auch nichtwirtschaftlich i. e. S. (Abschn. 2.3 Abs. 1a UStAE) verwendeten einheitlichen Gegenstand innerhalb des Berichtigungszeitraums die Nutzung für unternehmerische Zwecke (z. B. Ausdehnung der Nutzung für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb eines Vereins oder für den Betrieb gewerblicher Art von Körperschaften des öff. Rechts), so lässt die Verwaltung aus Billigkeitsgründen eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG zugunsten des Unternehmers zu, sofern die Bagatellgrenzen des § 44 UStDV überschritten sind. Erhöht sich hingegen der Anteil der Nutzung für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten i. e.S., so erfolgt nach Verwaltungsauffassung eine Wertabgabenbesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG. Die entsprechende Anwendung des § 15a UStG aus Billigkeitsgründen im Falle der Erhöhung des unternehmerisch genutzten Anteils ist wohl darauf zurückzuführe...