Rz. 208
In aller Regel ist § 17 Abs. 4 UStG auf Fälle der Minderung der Entgelte für unterschiedlich besteuerte Leistungen anzuwenden. Deswegen sind im Wortlaut der Vorschrift als Beispiele die Jahresboni und die Jahresrückvergütungen ausdrücklich genannt. Denkbar sind allerdings auch gemeinsame Entgelterhöhungen unterschiedlich besteuerter Leistungen für einen Zeitabschnitt. Für beide Fälle ist § 17 Abs. 1 UStG anzuwenden, d. h. der Leistende hat die geschuldete Steuer und der Leistungsempfänger den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 S. 1 u. 2 UStG), und zwar für den Veranlagungszeitraum, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Dieser Veranlagungszeitraum ist regelmäßig eindeutig feststellbar. Dagegen sind die übrigen Grundlagen für die Berichtigung wegen der unterschiedlichen Besteuerung nicht klar zu ersehen. Dem soll die Mitteilungspflicht abhelfen.
9.2.1 Entgeltminderungen
Rz. 209
Jahresboni, Jahresrückvergütungen und ähnliche Vorgänge bedeuten eine zusammengefasste, gemeinsame Minderung der Entgelte eines bestimmten Zeitraums. Solche Minderungen können auch als Zuwendungen eines Lieferanten an seinen Abnehmer als Belohnung für Warenbezüge in einer bestimmten Größenordnung, der Zuwendung eines Preises durch einen Lieferanten an einen Händler für dessen Teilnahme an einem Verkaufswettbewerb und in ähnlich gestalteten Abläufen liegen. Zum Transparentmachen solcher Boni und Rückvergütungen schreibt § 14 Abs. 4 Nr. 7 UStG vor, dass bei der Angabe des Entgelts in der Rechnung auch jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts angegeben werden muss. Sind alle von der Minderung der Entgelte betroffenen Umsätze einheitlich zu besteuern, ist § 17 Abs. 4 UStG nicht anwendbar. Es ergeben sich keine Aufteilungsunklarheiten.
Rz. 210
Bei einem Nebeneinander von steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen, mit dem vollen und dem ermäßigten Steuersatz zu versteuernde Umsätze sowie für Jahre mit einer Änderung des bzw. der Steuersätze innerhalb des Jahrs und bei Kombinationen solcher Differenzierungen müssen dagegen die Minderungen des Entgelts verteilt werden. Nach der OFD Karlsruhe soll es nicht beanstandet werden, wenn ein Unternehmer von der Aufteilung der Entgeltminderung absieht und die Steuerberichtigung gem. § 17 Abs. 1 S. 1 UStG ausnahmslos dem bisher niedrigeren Steuersatz zuweist. Betrifft die Minderung zusätzlich noch mehrere Jahre, so ist auch eine Aufteilung auf die einzelnen Jahre vorzunehmen. Damit die Aufteilung für die Besteuerung und den Vorsteuerabzug übereinstimmend erfolgt, ist die Mitteilung der Aufteilung durch den Leistenden an den Leistungsempfänger erforderlich, die Abs. 4 fordert.
L hat an E im Jahr 01 für 475.800 EUR Ware geliefert. In den Rechnungen hat L insgesamt folgende Entgelte, USt und Preise ausgewiesen:
Entgelte |
USt-Satz |
USt |
Preis |
200.000 EUR |
7 % |
14.000 EUR |
214.000 EUR |
220.000 EUR |
19 % |
41.800 EUR |
261.800 EUR |
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475.800 EUR |
Von L geschuldete USt |
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55.800 EUR |
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In gleicher Höhe hat E Vorsteuern abgezogen.
Im Februar des Jahres 02 schickt L dem E als Rückvergütung eine Gutschrift i. H. v. 3 % = 14.274 EUR. Gemäß § 17 Abs. 4 UStG erteilt er dabei folgenden Beleg:
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Entgelte |
USt |
3 % von 200.000 EUR – 7 % |
6.000 EUR |
420 EUR |
3 % von 220.000 EUR – 19 % |
6.600 EUR |
1.254 EUR |
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12.600 EUR |
1.674 EUR |
Um den Betrag von 1.674 EUR hat L die im Übrigen für Februar 02 errechnete USt zu kürzen. E muss die für Februar 2013 als abziehbar ermittelte Vorsteuer um denselben Betrag kürzen, seine Zahllast für Februar 02 erhöht sich also entsprechend. Zu Vereinfachungen bei der Aufteilung der gemeinsamen Entgeltminderungen im Zuge der vorübergehenden Steuersatzsenkungen in der Zeit v. 1.7.2020 bis 31.12.2020 vgl. BMF-Schreiben v. 30.6.2020 und v. 4.11.2020.
9.2.2 Entgelterhöhungen
Rz. 211
Eine gemeinsame Änderung der Entgelte für unterschiedlich besteuerte Umsätze eines bestimmten Zeitabschnitts kann auch in der Form von Entgelterhöhungen geschehen. Gewinnt z. B. der Pächter einer Markentankstelle eine vom Verpächter ausgelobte Erlebnisreise (sog. Incentivereise), so ist deren Wert als zusätzliches Entgelt für die Vermittlungsumsätze des Pächters zu beurteilen. Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB ist ein – nachträglich zu zahlender – Teil der Gegenleistung für seine Vermittlungsleistungen. Der Ausgleichsanspruch ist nach den Jahresprovisionen höchstens der letzten 5 Jahre, bei einer kürzeren Vertragsdauer nach den Durchschnittsumsätzen der Dauer der Tätigkeit zu bemessen. Bei unterschiedlichen Steuersätzen, t...