Rz. 59

Nach § 18h Abs. 2 UStG stellt das BZSt durch (negativen) Verwaltungsakt fest, wenn der Unternehmer die Voraussetzungen für die Teilnahme am MOSS-Verfahren nicht erfüllt. Nach dem Wortlaut und der Stellung im Gesetz betrifft Abs. 2 zunächst die Befugnis des BZSt im Anzeigeverfahren (Rz. 27ff.), zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Teilnahme des Unternehmers am MOSS-Verfahren (Rz. 16ff.) erfüllt sind. Ist dies nicht der Fall, erlässt das BZSt einen negativen Feststellungsbescheid. Ein positiver Bescheid ist in § 18h UStG dagegen nicht vorgesehen (Rz. 33). Der Gesetzesbegründung[1] zur Folge betrifft Abs. 2 über den Wortlaut hinaus auch den Fall, dass der Unternehmer die Voraussetzungen zur Teilnahme am MOSS-Verfahren nicht mehr erfüllt.[2] Dies ist insofern zutreffend, als Art. 369e MwStSystRL und Art. 58ff. MwStVO für den Fall des Wegfalls einer der Voraussetzungen für die Teilnahme am MOSS-Verfahren einen Ausschluss ausdrücklich vorsehen. In diesen Fällen ist allerdings zweifelhaft, ob dem Verwaltungsakt nur, wie es § 18h Abs. 2 UStG vorgibt, feststellende Wirkung zukommt. M.E. hat der Verwaltungsakt in diesen Fällen insoweit Regelungscharakter, als nicht bereits an den Wegfall der MOSS-Voraussetzungen, sondern erst an die Wirksamkeit des Bescheids die Rechtsfolge des Art. 58c MwStVO geknüpft ist: danach hat ein vom MOSS-Verfahren ausgeschlossener Unternehmer alle mehrwertsteuerlichen Pflichten, die nach dem Zeitpunkt entstehen, "zu dem der Ausschluss wirksam wurde", im jeweiligen Verbrauchsmitgliedstaat zu erfüllen. In Wahrheit regelt damit nicht nur § 18h Abs. 4 (Rz. 62), sondern bereits dessen Abs. 2 ein Ausschlussverfahren.[3]

 

Rz. 60

Die Fallgruppen für einen Ausschluss nach Abs. 2 wegen fehlender Voraussetzungen für das MOSS-Verfahren ergeben sich aus Art. 58 Abs. 1 MwStVO i. V. m. Art. 369e MwStSystRL:

  • Buchst. a: Der Unternehmer teilt mit, dass er keine TRFE-Leistungen mehr erbringt.[4]
  • Buchst. b: E kann aus anderen Gründen davon ausgegangen werden, dass der Unternehmer keine TRFE-Leistungen mehr erbringt; diesbezüglich enthält Art. 58a MwStVO eine Vermutungsregel, wonach von einer Beendigung auszugehen ist, wenn ein Unternehmer über acht zusammenhängende Quartale in keinem EU-Mitgliedstaat TRFE-Leistungen erbracht hat.
  • Buchst. c: (Andere) Voraussetzungen für die Teilnahme am MOSS-Verfahren werden nicht mehr erfüllt[5]; darunter fällt u. a. auch die Verlegung des Unternehmenssitzes oder der festen Niederlassung (Art. 58 Abs. 5 MwStVO).

Der vierte in Art. 369e Buchst. d MwStSystRL genannte Ausschlussgrund (wiederholter Verstoß gegen die Vorschriften der Sonderregelung) betrifft dagegen das Ausschlussverfahren nach § 18h Abs. 4 UStG wegen Pflichtverletzung (Rz. 62). Als Rechtsfolge des negativen Verwaltungsakts bestimmt Art. 58c MwStVO, dass ein vom MOSS-Verfahren ausgeschlossener Unternehmer alle mehrwertsteuerlichen Pflichten, die nach dem Zeitpunkt entstehen, zu dem der Ausschluss wirksam wurde, im jeweiligen Verbrauchsmitgliedstaat zu erfüllen hat.

 

Rz. 61

Für das Verfahren des BZSt beim Erlass von Verwaltungsakten nach § 18h Abs. 2 und Abs. 4 UStG gelten über § 18h Abs. 6 UStG bestimmte Vorschriften der AO, insbesondere die Vorschriften über Verwaltungsakte nach §§ 118ff. AO (vgl. Rz. 38). Ergänzende oder vorgehende Regelungen des Unionsrechts sind aber zu beachten. Bei den Verwaltungsakten nach § 18h Abs. 2 und Abs. 4 UStG handelt es sich um sonstige Verwaltungsakte. Ihr Erlass steht nicht im Ermessen des BZSt. Der Bescheid ist dem Unternehmer elektronisch bekanntzugeben.[6] Diese spezielle Bekanntgaberegel geht der insoweit nach § 18h Abs. 6 UStG anwendbaren allgemeinen Vorschrift des § 119 Abs. 2 S. 1 AO vor. Für die elektronische Übermittlung gilt das sog. Verschlüsselungsgebot nach § 87a Abs. 1 S. 3 AO. Der Bescheid wird nach Art. 58 Abs. 4 MwStVO (und insoweit abweichend von § 124 Abs. 1 AO) grundsätzlich wirksam ab dem ersten Tag des auf die elektronische Übermittlung des Bescheids folgenden Quartals. Im Fall des Wegfalls der Voraussetzungen zur Teilnahme am MOSS-Verfahren beim BZSt infolge Verlegung des Unternehmenssitzes oder der festen Niederlassung wird der Bescheid nach Art. 58 Abs. 5 MwStVO dagegen bereits wirksam ab dem Tag der Sitzverlegung. Für Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte des BZSt nach § 18h Abs. 2 UStG ist nach § 18h Abs. 6 UStG das abgabenrechtliche Einspruchsverfahren nach §§ 347ff. AO und das finanzgerichtliche Verfahren nach der FGO angeordnet.

 

Rz. 61a

Ob das BZSt die für die Prüfung der MOSS-Voraussetzungen erforderlichen Feststellungen im erforderlichen Umfang trifft bzw. treffen kann, darf nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofs bezweifelt werden. Eine korrekte Anwendung des MOSS-Verfahrens ist offenbar nicht sichergestellt.[7] Umso weniger nachvollziehbar ist, dass der Rat dieses offenbar nicht ausgereifte Konzept ab 1.7.2021 auf Fernverkäufe und alle Dienstleistungen an Nichtunternehmer ausgeweitet hat (vgl. Rz. 9).

[1] BT-Drs. 18/1995, 116.
[2] So auc...

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