4.1 Allgemeiner Fahrzeugbegriff

 

Rz. 23

Der Erwerb von Fahrzeugen in anderen EU-Mitgliedstaaten führt nur dann zur Erwerbsbesteuerung in Deutschland, wenn das erworbene Fahrzeug bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Nur in diesen Fällen handelt es sich um ein Fahrzeug i. S. d. UStG, insbesondere i. S. d. § 1b UStG. Fahrzeuge i. S. d. § 1b UStG sind zur Personen- oder Güterbeförderung bestimmte Wasserfahrzeuge, Luftfahrzeuge und motorbetriebene Landfahrzeuge, die die in § 1b Abs. 2 UStG bezeichneten Merkmale aufweisen.[1] Man kann die Auffassung vertreten, dass von vornherein für das Wohnen auf dem Wasser gebaute Hausboote nicht als Fahrzeuge i. S. d. § 1b UStG anzusehen sind, weil sie weder der Beförderung von Personen noch von Gütern dienen.[2] Durch § 1b Abs. 2 S. 2 UStG wird klargestellt, dass der in § 1b Abs. 2 UStG definierte Fahrzeugbegriff nicht für Fahrzeuge gilt, die in den Steuerbefreiungsvorschriften des § 4 Nr. 12 S. 2 UStG (Betriebsvorrichtungen) und des § 4 Nr. 17 Buchst. b UStG (Krankenwagen) aufgeführt sind. Die nachfolgend aufgeführten Merkmale müssen sämtlich erfüllt sein, damit ein Fahrzeug als Fahrzeug i. S. d. § 1b UStG anzusehen ist.

[2] So Gehm, in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 1b UStG Rz. 59.

4.2 Landfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG)

 

Rz. 24

Ein Landfahrzeug i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn die folgenden Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind:

  1. Es muss sich um ein motorbetriebenes Fahrzeug handeln.

    Das Fahrzeug muss durch einen Motor (z. B. Ottomotor, Dieselmotor, Elektromotor) angetrieben werden. Hierzu gehören auch sog. Hybridfahrzeuge mit sowohl einem Elektromotor als auch einem Verbrennungsmotor. Dagegen gehören z. B. Fahrräder und Anhänger ohne eigenen Antrieb (auch Campinganhänger) nicht zu den Fahrzeugen i. S. d. § 1b Abs. 2 UStG. Bei Amphibienfahrzeugen, die mit einem Motor sowohl für den Antrieb der Räder als auch für den Antrieb einer Schiffsschraube ausgestattet sind, dürfte der Schwerpunkt des Gebrauchs auf der motorisierten Fahrt auf dem Land liegen, sodass diese Fahrzeuge als motorbetriebene Landfahrzeuge einzustufen sind (Rz. 30).

  2. Der Motor muss

    • entweder einen Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern (cm3) oder
    • eine Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt – Kw – (entspricht knapp 10 PS) abgeben.

    Hinsichtlich Hubraum und Leistung des Motors handelt es sich bereits um ein Fahrzeug i. S. d. § 1b UStG, wenn nur eines der beiden Merkmale erfüllt ist. Beispielsweise erfüllt ein Moped die Kriterien für ein Fahrzeug i. S. d. § 1b UStG, wenn sein Motor zwar weniger als 7,2 Kilowatt leistet, jedoch einen Hubraum von 49 cm3 aufweist. Fahrräder mit Unterstützung eines Elektromotors (Pedelecs, E-Bikes) erreichen regelmäßig keine Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt und scheiden damit als Fahrzeug i. S. d. § 1b UStG aus. Motorgetriebene Schienenfahrzeuge sind jedoch Fahrzeuge i. S. d. § 1b UStG (Umkehrschluss aus § 1 Abs. 2 StraßenverkehrsgesetzStVG).

 

Rz. 25

Nach dem Gesetzeswortlaut des § 1b UStG ist der Verwendungszweck des Fahrzeugs eigentlich kein Abgrenzungskriterium. Deshalb gehören neben den Fahrzeugen für die Personenbeförderung auch Fahrzeuge für die Güterbeförderung zu den Fahrzeugen i. S. d. § 1b UStG.[1] Auch Fahrzeuge, die straßenverkehrsrechtlich nicht zugelassen werden brauchen, können Fahrzeuge i. S. d. § 1b UStG sein.[2]

 

Rz. 26

Die einschränkende Bestimmung in Art. 28a Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie[3], dass sich die Sonderregelung nur auf solche Fahrzeuge beziehe, die der Personen- oder Güterbeförderung dienten, ist nicht in den Gesetzeswortlaut des § 1b UStG übernommen worden.[4] Diese Bestimmung des Unionsrechts ist allerdings im Verwaltungswege[5] eingeführt und durch die BFH-Rechtsprechung[6] bestätigt worden.

 

Rz. 27

Allerdings hatte die Verwaltung früher die Auffassung vertreten, dass für motorbetriebene Landfahrzeuge i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG stets eine Bestimmung der Fahrzeuge zur Personen- und Güterbeförderung vorliegen müsse. Die Verwaltung hatte deshalb landwirtschaftliche Zugmaschinen nicht als Fahrzeuge i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG angesehen[7], weil diese nicht in erster Linie zur Personen- und Güterbeförderung bestimmt seien. Dieser Auffassung ist der BFH jedoch nicht gefolgt. Er hatte darüber zu entscheiden, ob sog. Pocket-Bikes als Fahrzeuge i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG anzusehen seien. Pocket-Bikes sind kleine Zweiräder, die bis 24 kg schwer sein können und die Maße 110 cm * 50 cm * 50 cm nicht überschreiten. Die Sitzhöhe liegt etwa bei 40 bis 50 cm. Die Motorisierung besteht aus einem Einzylinder-Zweitaktmotor, der zwischen 1,6 und 16 PS stark sein kann. Die Höchstgeschwindigkeiten liegen teilweise über 70 km/h. Optisch lehnen sich die Pocket-Bikes i. d. R. an existierende Motorräder an. Pocket-Bikes sind nicht für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen, weil sie die Anforderungen der Straßenverkehrszulassungsordnung nicht erfüllen. Entgegen der Vorentscheidung des FG Berlin-Brandenburg[8] hat der BFH Pocket-Bikes als Fahrzeuge i. S. d. § 1b Abs. 2 Nr. 1 UStG angesehen. D...

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