1 Allgemeines

1.1 Entstehungsgeschichte der Vorschrift

 

Rz. 1

Die Vorschrift des § 1c UStG war durch Art. 20 Nr. 2 des Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes (StMBG) v. 21.12.1993[1] neu in das UStG aufgenommen worden, und zwar mWv 30.12.1993. Die Regelung geht zurück auf Art. 15 Nr. 2 des gleichlautenden Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP[2] und der Bundesregierung[3] und war bei der parlamentarischen Beratung des Gesetzentwurfs nicht verändert worden.

 

Rz. 2

Zweck und Bedeutung der Vorschrift ergeben sich aus der amtlichen Gesetzesbegründung.[4]

 

Rz. 3

Durch Art. 20 Nr. 3 des JStG 1996 v. 11.10.1995[5] war in § 1c Abs. 2 UStG die alte Bezugnahme auf § 1a Abs. 2 Nr. 1 UStG redaktionell ersetzt worden durch die Bezugnahme auf § 1a Abs. 2 UStG, und zwar mWv 1.1.1996. Diese redaktionelle Änderung folgte aus der Neufassung des § 1a Abs. 2 UStG durch Art. 20 Nr. 2 des JStG 1996, wonach die Erwerbsfiktion für die Inanspruchnahme funktionsändernder innergemeinschaftlicher Werkleistungen nach der bis dahin geltenden Regelung des § 1a Abs. 2 Nr. 2 UStG wegfiel.

 

Rz. 3a

Durch Art. 15 Nr. 1 JStG 2020[6] wurde mWv 1.7.2022[7] in § 1c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG das Wort "oder" am Ende durch ein Komma ersetzt, in Nr. 3 der Punkt am Ende durch das Wort "oder" ersetzt und folgende Nummer 4 wird angefügt: "4. im Inland stationierte Streitkräfte anderer Mitgliedstaaten, die an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird." Mit der Ergänzung wurde der Ausschluss eines innergemeinschaftlichen Erwerbs auf Streitkräfte eines Mitgliedstaates ausgedehnt, die an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird (sog. GSVP-Verteidigungsanstrengung). Die Ergänzung beruht auf Art. 3 i. V. m. Art. 151 Abs. 1 Buchst. ba und bb MwStSystRL i. d. F. von Art. 1 Nr. 1 der RL (EU) 2019/2235[8] und hatte im Gesetzgebungsverfahren zum JStG 2020 gegenüber dem Regierungsentwurf keine Änderung erfahren.[9] Zur weiteren amtlichen Begründung vgl. den Regierungsentwurf eines JStG 2020.[10]

[1] BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50.
[2] BT-Drs. 12/5630.
[3] BT-Drs. 12/5764.
[4] BT-Drs. 12/5630, 85.
[5] BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438.
[6] Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096.
[7] Art. 50 Abs. 8 JStG 2020.
[8] RL (EU) 2019/2235 des Rates v. 16.12.2019 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und der RL 2008/118/EG über das allgemeine Verbrauchsteuersystem in Bezug auf Verteidigungsanstrengungen im Rahmen der Union, ABl. EU 2019 Nr. L 336/10.
[9] Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des BT-Finanzausschusses, BT-Drs. 19/25160, 88.
[10] BR-Drs. 503/20, 170; BT-Drs. 19/22850, 152.

1.2 Allgemeiner Überblick über den Regelungsinhalt

 

Rz. 4

Die Vorschrift des § 1c UStG zeichnet sich durch mehrere Besonderheiten aus und erlangt damit eine gewisse Ausnahmestellung innerhalb des Gesetzes. Sie steht im Kontext zu den §§ 1a und 1b UStG und besteht aus zwei unterschiedlichen Regelungen, nämlich in Abs. 1 aus einer Einschränkung der Definition des innergemeinschaftlichen Erwerbs i. S. d. § 1a UStG und in Abs. 2 aus einer Erweiterung dieser Definition.

 

Rz. 5

§ 1c Abs. 1 UStG steht außerdem – als Komplementärvorschrift – in mittelbarer Beziehung zu § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b bis f UStG. § 1c Abs. 1 UStG nimmt innergemeinschaftliche Erwerbe durch die in der Vorschrift genannten Einrichtungen von der Begriffsdefinition des innergemeinschaftlichen Erwerbs i. S. d. § 1a UStG und damit von der Steuerbarkeit gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG aus. Da die in der Vorschrift genannten Einrichtungen nicht den Tatbestand eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwirklichen können, dürfen die in anderen EU-Mitgliedstaaten bewirkten Lieferungen von Gegenständen an diese Einrichtungen nach dem Recht dieser Mitgliedstaaten auch nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei behandelt werden. An die Stelle der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen tritt jedoch die Steuerbefreiung in Anwendung von Art. 151 MwStSystRL, der durch § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b bis f UStG in das deutsche Recht umgesetzt ist. Hierin liegt das – mittelbare – Verhältnis zwischen § 1c Abs. 1 UStG und § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b bis f UStG.

 

Rz. 6

Der innergemeinschaftliche Erwerb neuer Fahrzeuge i. S. d. § 1b UStG unterliegt bei den in § 1c Abs. 1 UStG genannten Einrichtungen uneingeschränkt der Erwerbsbesteuerung, da die Vorschrift des § 1b UStG unberührt bleibt.[1] Es kann aber ggf. zur Steuerfreiheit des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge nach § 4b Nr. 3 UStG kommen, wenn ihre Einfuhr nach den für die EUSt geltenden Vorschriften steuerfrei wäre (Rz. 10).

 

Rz. 7

§ 1c Abs. 2 UStG erweitert den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs i. S. d. § 1a Abs. 2 UStG (Erwerbsfiktion) auf das Verbringen eines Gegenstands durch die deutschen Streitkräfte aus dem übrigen Gemeinsch...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?