1 Allgemeines
1.1 Entstehungsgeschichte der Vorschrift
Rz. 1
Die Vorschrift des § 1c UStG war durch Art. 20 Nr. 2 des Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes (StMBG) v. 21.12.1993 neu in das UStG aufgenommen worden, und zwar mWv 30.12.1993. Die Regelung geht zurück auf Art. 15 Nr. 2 des gleichlautenden Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP und der Bundesregierung und war bei der parlamentarischen Beratung des Gesetzentwurfs nicht verändert worden.
Rz. 2
Zweck und Bedeutung der Vorschrift ergeben sich aus der amtlichen Gesetzesbegründung.
Rz. 3
Durch Art. 15 Nr. 1 JStG 2020 wurde mWv 1.7.2022 in § 1c Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG das Wort "oder" am Ende durch ein Komma ersetzt, in Nr. 3 der Punkt am Ende durch das Wort "oder" ersetzt und folgende Nummer 4 wird angefügt: "4. im Inland stationierte Streitkräfte anderer Mitgliedstaaten, die an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird." Mit der Ergänzung wurde der Ausschluss eines innergemeinschaftlichen Erwerbs auf Streitkräfte eines Mitgliedstaates ausgedehnt, die an einer Verteidigungsanstrengung teilnehmen, die zur Durchführung einer Tätigkeit der Union im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik unternommen wird (sog. GSVP-Verteidigungsanstrengung). Die Ergänzung beruht auf Art. 3 i. V. m. Art. 151 Abs. 1 Buchst. ba und bb MwStSystRL i. d. F. von Art. 1 Nr. 1 der RL (EU) 2019/2235 und hatte im Gesetzgebungsverfahren zum JStG 2020 gegenüber dem Regierungsentwurf keine Änderung erfahren. Zur weiteren amtlichen Begründung vgl. den Regierungsentwurf eines JStG 2020.
1.2 Allgemeiner Überblick über den Regelungsinhalt
Rz. 4
Die Vorschrift des § 1c UStG zeichnet sich durch mehrere Besonderheiten aus und erlangt damit eine gewisse Ausnahmestellung innerhalb des Gesetzes. Sie steht im Kontext zu den §§ 1a und 1b UStG und besteht aus zwei unterschiedlichen Regelungen, nämlich in Abs. 1 aus einer Einschränkung der Definition des innergemeinschaftlichen Erwerbs i. S. d. § 1a UStG und in Abs. 2 aus einer Erweiterung dieser Definition.
Rz. 5
§ 1c Abs. 1 UStG steht außerdem – als Komplementärvorschrift – in mittelbarer Beziehung zu § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b bis f UStG. § 1c Abs. 1 UStG nimmt innergemeinschaftliche Erwerbe durch die in der Vorschrift genannten Einrichtungen von der Begriffsdefinition des innergemeinschaftlichen Erwerbs i. S. d. § 1a UStG und damit von der Steuerbarkeit gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG aus. Da die in der Vorschrift genannten Einrichtungen nicht den Tatbestand eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwirklichen können, dürfen die in anderen EU-Mitgliedstaaten bewirkten Lieferungen von Gegenständen an diese Einrichtungen nach dem Recht dieser Mitgliedstaaten auch nicht als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei behandelt werden. An die Stelle der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen tritt in diesen Fällen jedoch die Steuerbefreiung in Anwendung von Art. 151 MwStSystRL, der (für die Fälle, in denen der Leistungsort im Inland liegt) durch § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b bis f UStG in das deutsche Recht umgesetzt ist. Hierin liegt das – mittelbare – Verhältnis zwischen § 1c Abs. 1 UStG und § 4 Nr. 7 S. 1 Buchst. b bis f UStG.
Rz. 6
Der innergemeinschaftliche Erwerb neuer Fahrzeuge i. S. d. § 1b UStG unterliegt bei den in § 1c Abs. 1 UStG genannten Einrichtungen uneingeschränkt der Erwerbsbesteuerung, da die Vorschrift des § 1b UStG unberührt bleibt. Es kann aber ggf. zur Steuerfreiheit des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge nach § 4b Nr. 3 UStG kommen, wenn ihre Einfuhr nach den für die EUSt geltenden Vorschriften steuerfrei wäre (Rz. 10).
Rz. 7
§ 1c Abs. 2 UStG erweitert den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs i. S. d. § 1a Abs. 2 UStG (Erwerbsfiktion) auf das Verbringen eines Gegenstands durch die deutschen Streitkräfte aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland, wenn die Lieferung des Gegenstands im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder seine Einfuhr durch die Streitkräfte nicht der Besteuerung unterlegen haben. Die Vorschrift verhindert, dass es bei Gegenständen, die die deutschen Streitkräfte im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerfrei erworben oder eingeführt haben, zu einem unversteuerten Letztverbrauch kommt, falls die Gegenstände ins Inland gelangen. Ein steuerfreier Erwerb oder eine steuerfreie Einfuhr durch ...