Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 32
Steuerfähig i. S. d. Umsatzsteuerrechts sind natürliche Personen. Die Steuerrechtsfähigkeit beginnt mit der Vollendung der Geburt, der noch nicht geborene Mensch kann nicht steuerfähig sein. Für die Steuerrechtsfähigkeit im Umsatzsteuerrecht ist es jedoch nicht erheblich, ob die natürliche Person unbeschränkt geschäftsfähig, beschränkt geschäftsfähig oder geschäftsunfähig ist. Soweit Handlungen durch Vertreter ausgeführt werden, werden diese dem Vertretenen zugerechnet. Dies gilt sowohl für die rechtsgeschäftlich begründete als auch für die gesetzliche Vertretung. Auch die Umsätze der Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker oder Zwangsverwalter werden im Regelfall denjenigen zugerechnet, für die sie tätig werden.
Rz. 33
Durch Eheschließung verlieren die Ehepartner nicht die umsatzsteuerliche Rechtsfähigkeit. Jeder Ehepartner kann alleine oder zusammengeschlossen mit seinem Ehepartner und/oder Dritten die Unternehmereigenschaft erlangen. Entscheidend für die Frage, wer als Unternehmer tätig wird, ist auch hier immer das Auftreten nach außen. Darüber hinaus ist es möglich, dass der eine Ehepartner gegenüber dem anderen Ehepartner als Unternehmer auftritt und Leistungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbringt. Allerdings ist gerade bei Leistungsbeziehungen zwischen Ehepartnern zu beachten, dass nicht nur die allgemeinen Voraussetzungen des § 2 UStG erfüllt sein müssen, bestimmte Gestaltungen führen auch zu einem sog. Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO, sodass im Grundsatz die vertragliche Gestaltung nicht anerkannt wird. Die für Ehepartner geltenden Regelungen sind analog auch für die von August 2011 bis September 2017 eingegangenen eingetragenen Lebenspartnerschaften anzuwenden.
Rz. 34
So hat der BFH beispielsweise in den folgenden Fällen wechselseitiger Rechtsbeziehungen zwischen Ehepartnern einen Gestaltungsmissbrauch angenommen und das Vertragsverhältnis nicht anerkannt:
- Eine Vermietung eines Flugzeugs an den Ehepartner kann dann missbräuchlich i. S. d. § 42 AO sein, wenn zwar die üblichen Preise pro Flugstunde abgerechnet werden, aber nicht berücksichtigt wird, dass das Flugzeug wegen der fast ausschließlichen Benutzung durch den Ehepartner sehr lange Standzeiten hat. In diesem Fall ist nicht die Höhe des Entgelts zu korrigieren, vielmehr ist die vereinbarte Leistungsbeziehung nicht anzuerkennen.
- Wechselseitige Vermietung zwischen Ehepartnern: Nach diesen Grundsätzen kann die Vermietung von Praxisräumen an den Arztehepartner rechtsmissbräuchlich sein, wenn durch sie der Vorsteuerabzug erreicht werden soll, der bei angemessener Gestaltung infolge der steuerfreien Arztumsätze ausgeschlossen gewesen wäre.
- Vermietung einer Immobilie an den Ehepartner, wenn der Vermieter nicht über die finanziellen Mittel (aus Vermietungseinkünften, eigenen Einkünften oder Vermögen) verfügt, um das Objekt zu finanzieren; Kindergeldzahlungen sind bei dieser Betrachtung nicht den eigenen Einkünften zuzurechnen.
Rz. 35
Die gleichen Grundsätze wie bei den Rechtsbeziehungen zwischen Ehepartnern müssen auch auf die Rechtsbeziehungen zwischen nahe stehenden Personen i. S. d. § 15 AO anzuwenden sein.
Rz. 36
Die Steuerrechtsfähigkeit einer natürlichen Person endet mit deren Tod. Die Unternehmereigenschaft kann nicht im Erbgang auf den Erben oder die Erbengemeinschaft übergehen (Rz. 314).