Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 413a
Ein besonderes Problem für die jPöR ergab sich aus der Rechtsprechung des BFH zu den sog. Beistandsleistungen, was im Ergebnis zur Aufhebung des § 2 Abs. 3 UStG und zur Neuregelung im § 2b UStG führte. Der BFH hatte entschieden, dass eine Gemeinde, die gegen Entgelt die Nutzung einer Sport- und Freizeithalle gestattet, nach § 2 Abs. 3 S. 1 UStG i. V. m. § 4 KStG als Unternehmer tätig ist, wenn sie ihre Leistung entweder auf zivilrechtlicher Grundlage oder im Wettbewerb zu Privaten auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt. Dies gilt entsprechend für die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Halle an eine Nachbargemeinde für Zwecke des Schulsports. Auch eine solche Beistandsleistung, die zwischen jPöR gegen Entgelt erbracht wird, ist steuerbar und – soweit keine spezielle Steuerbefreiungsvorschrift einschlägig ist – steuerpflichtig. Der BFH führte in seiner Entscheidung aus, dass die Überlassung von Räumlichkeiten der Sport- und Freizeithalle gegen Entgelt bereits nach der Art ihrer Tätigkeit im Wettbewerb zu privaten Anbietern ausgeführt wird. Auf die Verhältnisse auf dem lokalen Markt im Gebiet der jPöR kommt es dabei nicht an. Ob private Angebote auch Saunabenutzung und Trainerbetreuung ermöglichen, ist dabei unerheblich. Eine Nichtbesteuerung der Leistungen würde nach Auffassung des Gerichts auch nicht nur zu lediglich unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen.
Rz. 413b
Der BFH hatte zwar früher entschieden, dass sog. Beistandsleistungen, die zwischen jPöR auf öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Grundlage gegen z. B. Aufwendungsersatz und damit gegen Entgelt erbracht werden, nicht steuerbar seien, da es im Rahmen des für alle Behörden verbindlichen Grundsatzes der gegenseitigen Hilfeleistung liege, dass eine Behörde die Aufgaben einer anderen Behörde übernehme, wenn sie ohne Beeinträchtigung ihres eigenen Aufgabenkreises dazu in der Lage sei und damit die Aufgaben der anderen Behörde auf deren Ersuchen zu erleichtern trachte. Die noch zum UStG 1951 ergangene Entscheidung kann aber nicht für die gebotene unionsrechtliche Auslegung des § 2 Abs. 3 UStG herangezogen werden. Es erscheint dem BFH mit dem Unionsrecht nicht vereinbar, diese Beistandsleistungen, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, auch dann von der Umsatzbesteuerung auszunehmen, wenn diese zwar auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, dabei jedoch im Wettbewerb zu Leistungen Privater erbracht werden. Danach ist im Streitfall die entgeltliche Überlassung von Räumlichkeiten in einer Sport- und Freizeithalle durch eine Gemeinde an eine Gemeinde für deren Schulunterricht ebenso steuerbar wie eine Leistungserbringung an private Rechtsträger.
Rz. 413c
Aus systematischen Gründen ist die Entscheidung des BFH nachvollziehbar. Leistungen die von jPöR ausgeführt werden, die aber auch von Privaten erbracht werden können, müssen steuerrechtlich vergleichbar behandelt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Da die Tendenz besteht, dass jPöR zunehmend auch in den Bereichen wirtschaftliche Tätigkeiten entfalten, die auch von Privaten ausgeführt werden, müssen sich die jPöR auch den allgemeinen Wettbewerbsbedingungen stellen. Eine zu starke Ausdehnung dieser Grundsätze führt aber zu einer nicht sinnvollen Aufblähung des Verwaltungsapparats der jPöR. Wenn die Überlassung einer Sporthalle für den Schulsport von einer Gemeinde an eine andere Gemeinde gegen Kostenersatz zu einem besteuerten Umsatz führt, der entsprechend auch verwaltungstechnisch erfasst und behandelt werden muss, entsteht ein Mehraufwand, dem kein gesellschaftlicher Mehrwert gegenüber steht. Der Belastung der einen Gemeinde mit USt steht wiederum eine Einnahme der anderen Gemeinde gegenüber. Der Versuch des Gesetzgebers, die Auswirkungen dieser Rechtsprechung durch die Neuregelung in § 2b UStG zumindest zu begrenzen, erscheint damit sinnvoll. Verbunden werden sollte dies aber auch mit einer Selbstbeschränkung der jPöR, sich aus den Tätigkeiten, die typischerweise Privaten vorbehalten sind, herauszuhalten. Vgl. dazu auch § 2b UStG Rz. 49ff.