Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 147
Seit der Umstellung des Umsatzsteuersystems auf ein Allphasenumsatzsteuersystem mit Vorsteuerabzugsberechtigung zum 1.1.1968 waren in § 20 Abs. 2 UStG a. F. unterschiedliche Sonder- und Übergangsregelungen enthalten:
- Im UStG 1967 war zur Klarstellung – für die weiteren Rechtsvorschriften des UStG – geregelt, dass bei Genehmigung der Berechnung der USt nach § 20 UStG an die Stelle der vereinbarten Entgelte die vereinnahmten Entgelte treten.
- Im UStG 1980 wurde (bis 31.12.1993) geregelt, dass die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten nicht für eine Geschäftsveräußerung gilt.
- Vom 1.1.1996 bis 30.6.2009 waren – mit unterschiedlichen Beträgen – erhöhte Gesamtumsatzgrenzen für Unternehmer, für die ein FA in den neuen Bundesländern zuständig war, geregelt. V. 1.7.2009 bis zum 31.12.2011 ergab sich ein erhöhter Gesamtumsatz von 500.000 EUR für alle Unternehmer.
6.1 § 20 Abs. 2 UStG 1967
Rz. 148
Im UStG 1967 war – lediglich zur Klarstellung der Anwendung der Regelung – festgelegt, dass in den Fällen, in denen die Berechnung der USt nach den "Isteinnahmen" – so die verbale Regelung in § 20 Abs. 1 UStG 1967 – gestattet ist, im UStG grundsätzlich an die Stelle der vereinbarten Entgelte die vereinnahmten Entgelte treten.
6.2 § 20 Abs. 2 UStG 1980 (Geschäftsveräußerung)
Rz. 149
Nach § 20 Abs. 2 UStG 1980 war die Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten ausdrücklich für Geschäftsveräußerungen ausgeschlossen. Zum 31.12.1993 wurde diese Sonderregelung aufgehoben, da zum 1.1.1994 die Geschäftsveräußerung – wie auch die Veräußerung eines Teilbetriebs – nicht mehr als steuerbarer Umsatz erfasst wurde (§ 1 Abs. 1a UStG).
Rz. 150
Für alle bis zum 31.12.1993 ausgeführten Geschäftsveräußerungen war aber – unabhängig, ob der veräußernde Unternehmer bis zur Veräußerung seine USt nach vereinnahmten Entgelten oder nach vereinbarten Entgelten berechnet hatte – die USt für die Geschäftsveräußerung oder Teilbetriebsveräußerung immer nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Der Veräußerer musste die USt mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums anmelden, in dem die Veräußerung stattfand.
Rz. 151
Grund für die Ausnahmeregelung war, dass bei einer Geschäfts- oder Teilbetriebsveräußerung der Veräußerer häufig mit dem Erwerber Teilzahlungen oder die Zahlung auf Rentenbasis vereinbarte und damit sich noch langjährige Besteuerungsfolgen ergeben hätten, wenn eine USt jeweils bei Zahlungseingang entstanden wäre. Außerdem wäre damit auch ein nicht unerhebliches Ausfallrisiko für den Fiskus verbunden gewesen. Allerdings konnten sich auch Liquiditätsprobleme für den Veräußerer ergeben, wenn er sein Unternehmen auf Rentenbasis veräußerte, die USt aus dem gesamten Kaufpreis aber schon bei Übertragung des Unternehmens abzuführen hatte.
Rz. 152
Da die Geschäfts- oder Teilbetriebsveräußerung seit dem 1.1.1994 nicht mehr zu einem steuerbaren Umsatz führt, kann sich eine USt nicht mehr ergeben (§ 1 Abs. 1a UStG), sodass die Regelung zum 1.1.1994 aufgehoben wurde.
6.3 § 20 Abs. 2 UStG 1996 (befristet erhöhter Gesamtumsatz)
Rz. 153
Zur Stärkung kleinerer und mittlerer Unternehmer wurde zum 1.1.1996 für Unternehmer, für die ein FA in den neuen Bundesländern zuständig war, der für die Anwendung der Berechnung der USt nach vereinnahmten Entgelten maßgebliche Gesamtumsatz befristet auf 1 Mio. DM angehoben und später auf 500.000 EUR festgesetzt. Diese befristete Anhebung wurde mehrfach verlängert. Zum 1.7.2009 wurde – für Unternehmer in allen Bundesländern – der Gesamtumsatz befristet bis zum 31.12.2011 zur Abmilderung der durch die Finanzkrise verursachten Folgen auf 500.000 EUR festgesetzt.
Rz. 154
Die letzte Verlängerung der befristeten Anhebung der Gesamtumsatzgrenze galt bis zum 31.12.2011. Ohne eine weitere gesetzliche Maßnahme wäre der nach § 20 S. 1 Nr. 1 UStG maßgebliche Gesamtumsatz zum 1.1.2012 auf 250.000 EUR abgesenkt worden. Durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes wurde mWv 1.1.2012 § 20 Abs. 2 UStG ersatzlos aufgehoben und in § 20 S. 1 Nr. 1 UStG die Gesamtumsatzgrenze – zeitlich unbefristet – für alle Unternehmer auf 500.000 EUR festgelegt.