Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
1.1 Zweck der Regelung
Rz. 1
§ 22b UStG regelt die Rechte und Pflichten des Fiskalvertreters. Dabei werden dem Vertreter im Rahmen der grundsätzlich in § 22a UStG geregelten Fiskalvertretung die Rechte und Pflichten des vertretenen ausländischen Unternehmers übertragen. § 22b UStG legt damit einen Teil der Rechtsfolgen bei Vorliegen der Fiskalvertretung fest. Voraussetzung für den Übergang der Rechte und Pflichten ist immer, dass der Vertreter zulässigerweise die Fiskalvertretung für den ausländischen Unternehmer nach § 22a UStG übernehmen kann. Bestehen in der Person des vertretenen ausländischen Unternehmers oder in der Person des Fiskalvertreters Hinderungsgründe für die Anwendung des § 22a UStG, kommt es nicht zu einer Übertragung von Rechten und Pflichten.
Rz. 2
Der Fiskalvertreter hat die Pflichten des von ihm vertretenen ausländischen Unternehmers als eigene zu erfüllen. Allerdings erstreckt sich die Verpflichtung nur auf die Pflichten, die dem vertretenen Unternehmer nach den Vorschriften des UStG zukommen. Dies sind in den Fällen der Fiskalvertretung regelmäßig die Melde- und Erklärungspflichten, die insbesondere bei grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften auf den leistenden Unternehmer zukommen. Wegen der engen Voraussetzungen für die Fiskalvertretung nach § 22a Abs. 1 UStG – der vertretene ausländische Unternehmer darf im Inland nur steuerfreie Umsätze ausführen und keine Vorsteuerbeträge abziehen können – kann es nicht zu zahlungswirksamen Vorgängen zwischen dem Vertreter und der Finanzverwaltung kommen.
Rz. 3
Nach § 22b Abs. 2 UStG ist der Fiskalvertreter verpflichtet, vierteljährlich Voranmeldungen sowie eine Jahressteuererklärung abzugeben. Diese sind unter der dem Fiskalvertreter vom Finanzamt für die Zwecke der Fiskalvertretung erteilten Steuernummer für alle von ihm vertretenen ausländischen Unternehmer zusammengefasst abzugeben. Eine individuelle Meldung für den vom Fiskalvertreter vertretenen Unternehmer erfolgt nicht. Ab dem Veranlagungszeitraum 2020 hat der Fiskalvertreter der Jahressteuererklärung aber eine Aufstellung als Anlage beizufügen, die die von ihm vertretenen Unternehmer und die auf diese entfallenden Besteuerungsgrundlagen enthält. Darüber hinaus hat der Fiskalvertreter unter der ihm vom Bundeszentralamt für Steuern für die Zwecke der Fiskalvertretung erteilten USt-IdNr. eine Zusammenfassende Meldung abzugeben.
Rz. 4
Der Fiskalvertreter hat weiterhin die Aufzeichnungsvorschriften i. S. d. § 22 UStG für jeden von ihm vertretenen ausländischen Unternehmer zu führen. Diese Aufzeichnungen sind von dem Fiskalvertreter für jeden von ihm vertretenen Unternehmer gesondert zu führen und mit dem Namen und der Anschrift des vertretenen Unternehmers zu versehen.
Rz. 5
Aber nicht nur die Pflichten des vertretenen ausländischen Unternehmers gehen auf den Fiskalvertreter über, nach § 22b Abs. 1 S. 2 UStG hat er auch die gleichen Rechte wie der Vertretene. Wegen der sehr engen Voraussetzungen für die Anwendung der Fiskalvertretung reduzieren sich diese Rechte aber regelmäßig auf Auskunfts- und Antragsrechte.
1.2 Entwicklung der Vorschrift
Rz. 6
§ 22b UStG wurde zusammen mit den übrigen Regelungen zur Fiskalvertretung mWv 1.1.1997 durch das Umsatzsteuer-Änderungsgesetz 1997 umgesetzt (vgl. § 22a UStG Rz. 9ff.). Die Regelung ist seit Einführung bis zum 31.12.2019 nicht verändert worden.
Rz. 6a
Zum 1.1.2020 ist § 22b Abs. 2 UStG durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität geändert und die Vorschrift durch einen neuen Abs. 2a ergänzt worden. Durch die Änderungen ist der Fiskalvertreter ab 2020 verpflichtet, vierteljährlich Voranmeldungen abzugeben sowie der Jahressteuererklärung eine Aufstellung beizufügen, in der die von ihm vertretenen Unternehmer sowie die diesen zuzurechnenden Besteuerungsgrundlagen enthalten sind. Die verschärften Angaben dienen dem Zweck, eine zeitnähere Erfassung der im Gemeinschaftsgebiet zu meldenden Daten zu ermöglichen und sollen die Verpflichtung zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung durch den Fiskalvertreter eindeutiger regeln.
1.3 Stellung im Unionsrecht
Rz. 7
§ 22b UStG basierte bei Einführung 1997 auf Art. 22 Abs. 7 der 6. EG-Richtlinie, nach der die Mitgliedstaaten alle Regelungen zu treffen haben, damit Personen, die anstelle eines im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen als Steuerschuldner anzusehen sind, die Verpflichtungen zur Erklärung und Zahlung erfüllen. Zu diesen Erklärungspflichten gehört auch die periodische Abgabe von Steuererklärunge...