Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 1
§ 23 UStG war eine Vereinfachungsregelung für kleinere Unternehmer bzw. auch für kleinere Unternehmensbereiche eines einheitlichen Unternehmens. Da die Regelung nur noch von wenigen Unternehmern angewendet wurde, ist sie zum 31.12.2022 ersatzlos aufgehoben worden. Die allgemeinen Durchschnittssätze nach § 23 UStG können damit letztmalig für den Besteuerungszeitraum 2022 angewendet werden. Die Ermächtigung zur Besteuerung nach Durchschnittssätzen ermöglicht es dem BMF, mit Zustimmung des Bundesrats für kleinere Unternehmer Regelungen zu treffen, nach denen bei diesen Unternehmern die folgenden Besteuerungsgrundlagen aufgrund allgemeiner Durchschnittssätze festgelegt werden können:
- die Höhe der abziehbaren Vorsteuerbeträge,
- die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die abziehbaren Vorsteuerbeträge,
- die Höhe der zu entrichtenden USt und
- die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die zu entrichtende USt.
Rz. 2
Der Verordnungsgeber hat bisher nur von einem Teil der ihm zustehenden Ermächtigung durch Rechtsverordnung in § 69 UStDV und § 70 UStDV und den dazu ergangenen Anlagen zur UStDV Gebrauch gemacht. Die von der Regelung betroffenen Unternehmer können nur eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen im Bereich der abziehbaren Vorsteuerbeträge wählen. Die Ermächtigung, für die Besteuerung der Ausgangsumsätze ebenfalls Durchschnittssätze festzulegen, ist bisher vom Verordnungsgeber nicht umgesetzt worden; es ist auch nicht damit zu rechnen, dass dies noch geschehen wird, da mittelfristig (2025) in der EU die Gesamtregelungen für kleine Unternehmen reformiert werden. Mit der Aufhebung des § 23 UStG sind diese Überlegungen obsolet geworden.
Rz. 3
Grundsätzlich kennt die Besteuerung nach Durchschnittssätzen im Bereich der abziehbaren Vorsteuerbeträge zwei Verfahren: Zum einen die sog. Vollpauschalierung; bei dieser Form der Pauschalierung werden sämtliche Vorsteuerbeträge durch die Durchschnittssätze erfasst, ein weiterer Vorsteuerabzug ist in diesem Fall nicht möglich. Davon abzugrenzen ist die sog. Teilpauschalierung; hier werden nicht alle Vorsteuerbeträge von der Anwendung der Durchschnittssätze erfasst, es ist nach § 70 Abs. 2 UStDV daneben noch in eingeschränktem Umfang ein Vorsteuerabzug nach den allgemeinen Grundsätzen des § 15 UStG möglich.
Rz. 4
Ziel der Vorschrift ist es, den betroffenen Unternehmern Vereinfachungen bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zu gewähren, insbesondere wird es den Unternehmern erspart, umfangreiche Aufzeichnungsvorschriften zum buchmäßigen Nachweis der jeweiligen Besteuerungsgrundlagen befolgen zu müssen. Soweit aber aus anderen Gründen die Verpflichtung besteht, bestimmte Aufzeichnungen zu führen, bleiben diese Verpflichtungen unberührt. Da die Regelung zur Vorsteuerpauschalierung eine Vereinfachungsmöglichkeit für den Unternehmer darstellt, ist die Besteuerung nach Durchschnittssätzen als antragsgebundenes Wahlrecht ausgestaltet worden.
Rz. 5
Die sich nach den Durchschnittssätzen ergebende Steuer darf nach der gesetzlichen Konzeption aber nicht wesentlich von der Steuer abweichen, die sich nach den Regelvorschriften des Gesetzes ergeben würde.