Rz. 23
Weil die Steuerfreiheit von Inlandsumsätzen üblicherweise den Ausschluss des Vorsteuerabzugs gem. § 15 Abs. 2 UStG zur Folge hat, ermöglicht § 9 Abs. 1 UStG den Verzicht auf wichtige Steuerbefreiungen zur Vermeidung der systemwidrigen Belastung mit nicht abzugsfähiger Vorsteuer im Unternehmerbereich. Da § 25c UStG die Gold-Umsatzbesteuerung umfassend regelt, ist die Optionsmöglichkeit zur Steuerpflicht aber nicht in § 9 UStG geregelt; statt dessen bringt § 25c Abs. 3 UStG eine eigenständige Optionsregelung.
Rz. 24
Voraussetzung für den Verzicht auf die Steuerbefreiung ist, dass der Unternehmer einen Umsatz mit Anlagegold an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt. Zur Frage, wie dies im Hinblick auf die Zuordnungsmöglichkeiten eines Vorbezugs durch den Leistungsempfänger zu behandeln ist, gilt die zu § 15 UStG entwickelte Zuordnungslehre. Die gleiche Problematik ergibt sich im Übrigen bei der Option zur Steuerpflicht gem. § 9 UStG, sodass auch auf die Ausführungen in Rz. 70ff. zu § 9 UStG hierzu verwiesen werden kann.
Rz. 25
§ 25c Abs. 3 UStG kennt die Lieferung von Anlagegold durch Hersteller sowie die Umwandlung von Gold in Anlagegold, das dann in Barren- oder Plättchenform (§ 25c Abs. 2 Nr. 1 UStG) an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen geliefert wird.
Rz. 26
Der Unternehmer, welcher Anlagegold herstellt oder Gold in Anlagegold umwandelt, kann bei allen Lieferungen von Anlagegold, d. h. gleichgültig ob Barren, Plättchen oder Münzen, an andere Unternehmer für deren Unternehmen auf die Steuerbefreiung gem. § 25c Abs. 1 UStG verzichten. Es ist nicht erforderlich, dass er das Gold selbst hergestellt oder umgewandelt hat, weil das Gesetz nur davon spricht, dass Lieferungen von Anlagegold durch diese Unternehmer ausgeführt werden.
Rz. 27
Unternehmer, welche Gold – es muss sich nicht um Anlagegold handeln – nur üblicherweise zu gewerblichen Zwecken liefern, können nur die Lieferung von Barrengold gem. § 25c Abs. 2 Nr. 1 UStG als steuerpflichtig behandeln. Nach Abschn. 25c.1 Abs. 5 UStAE gehören Kreditinstitute zu den Unternehmen, die üblicherweise Gold zu gewerblichen Zwecken liefern. Damit können Kreditinstitute und andere Goldhändler die Lieferung von Goldmünzen i. S. v. § 25c Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht als steuerpflichtig behandeln, selbst wenn sie z. B. an Münzhändler liefern.
Rz. 28
Diese Regelung des Verzichts auf die Steuerbefreiung gem. § 25c Abs. 3 UStG mag zwar den Vorgaben der MwStSystRL entsprechen, gleichwohl ist eine derartige unterschiedliche Behandlung der Gold-Lieferanten und Goldlieferungen nicht recht einsichtig.
Rz. 29
Die Vermittler einer Lieferung von Anlagegold können das Entgelt für die Vermittlungsleistung gem. § 25c Abs. 3 S. 3 UStG gleichfalls als steuerpflichtig behandeln, wenn auch der Lieferer die vermittelte Lieferung als steuerpflichtig behandelt hat. Hier verlangt das Gesetz ganz offensichtlich eine Unterrichtung des Lieferers gegenüber seinem Vermittler über die Behandlung der vermittelten Lieferung. Auch dies ist nicht gerade praxisgerecht. Abschn. 25c.1 Abs. 5 UStAE sagt zu diesen praktischen Fragen nichts.
Rz. 30
Aus dem UStG ergibt sich nicht, wie man einen Umsatz gem. § 25c Abs. 3 UStG "als steuerpflichtig" behandelt. Hierzu sollte auf die zu § 9 UStG entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden, denn auch dort wird nur vom Behandeln als steuerpflichtig gesprochen. Danach ist eindeutig, dass die Angabe der Goldumsätze in einer Steuererklärung oder Umsatzsteuer-Voranmeldung bei den steuerpflichtigen Umsätzen als Option i. S.v. § 25c Abs. 3 UStG anzusehen ist. Der BFH lässt bei § 9 UStG aber auch genügen, dass eine Rechnung mit offenem Steuerausweis erteilt wird; die Verwaltung folgt dieser Rechtsprechung, vgl. Abschn. 9.1 Abs. 3 UStAE. Zur Problematik dieser Rechtsprechung s. § 9 UStG Rz. 35ff.
Rz. 31
Keinesfalls erforderlich ist ein besonderer Antrag oder eine bestimmte schriftliche oder mündliche Erklärung gegenüber dem FA durch den Unternehmer. Da das Gesetz nichts dazu sagt, ob und wann eine Behandlung von Umsätzen als steuerpflichtig zurückgenommen werden kann und darf, gelten die normalen abgabenrechtlichen Änderungsmöglichkeiten für Steuererklärungen und -bescheide, falls sich hierzu ein Bedarf ergibt.
Rz. 32
Im Urteil v. 10.2.2009 hat der BFH dazu entschieden, dass die Rücknahme der Verzichtserklärung dazu führt, dass die ursprünglich in Rechnungen über die Lieferung von Anlagegold ausgewiesene USt mit der wirksamen Rücknahme der Option nicht mehr geschuldet wird. Die Rückgängigmachung der Option wirkt auf das Jahr der Ausführung des Umsatzes zurück.
Rz. 33
Die Rücknahme der Option und damit der Übergang zur wieder steuerfreien Lieferung ist nach Auffassung des BFH nicht von der Zustimmung des Leistungsempfängers abhängig. Die zivilrechtliche Befugnis zur Rechnungsberichtigung ist umsatzsteuerlich grundsätzlich auch dann nicht zu prüfen, wenn der leistende Unternehmer gegenüber dem Abnehmer verpflichtet war, den an sich steuerfrei...