Rz. 95
§ 26a Abs. 2 UStG enthält besondere Bußgeldvorschriften des Umsatzsteuerrechts mit (seit dem 1.1.2024) insgesamt 10 Tatbeständen. In diesen werden bestimmte Zuwiderhandlungen gegen gesetzliche Pflichten zur Ausstellung und Aufbewahrung von Rechnungen und gegen einige andere Aufzeichnungs-, Melde- und Mitwirkungspflichten als sanktionswürdiges Unrecht qualifiziert. Sämtliche der aufgezählten Tatbestände werden durch umfangreiche Verweisungen auf andere Vorschriften des UStG inhaltlich aufgefüllt; erst in diesem Zusammenhang ergeben sie einen Sinn. § 26a Abs. 2 UStG beinhaltet durchweg Steuerordnungswidrigkeiten i. S. d. § 377 Abs. 1 AO (Rz. 200). Nach § 377 Abs. 2 AO gelten damit die Vorschriften des Ersten Teils des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (§§ 1–34 OWiG), soweit die Steuergesetze nichts anderes bestimmen.
Eine Ordnungswidrigkeit ist gem. § 1 OWiG eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt. Neben der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes muss hier in subjektiver Hinsicht ein vorsätzliches oder leichtfertiges Handeln des Täters hinzukommen (Rz. 180ff.).
Rz. 96
Rechtsystematisch bildet § 26a Abs. 2 UStG in seinen überwiegenden tatbestandlichen Varianten ein echtes Unterlassungsdelikt, welches – mit Ausnahme des § 26a Abs. 2 Nr. 3 UStG – (als Täter) nur von Unternehmern verwirklicht werden kann.
Lediglich in den Fällen, in denen Erklärungen abzugeben sind – wie z. B. bei der Zusammenfassenden Meldung nach § 18a UStG (vgl. § 26a Abs. 2 Nr. 5 UStG, hier in Rz. 150ff.) –, kann die unrichtige Abgabe einer solchen Erklärung auch ein Begehungsdelikt sein.
Rz. 97
Normadressat ist demnach in erster Linie der im Rahmen seines Unternehmens tätige Unternehmer, wobei aber auch ein leitender Mitarbeiter des Unternehmens (etwa der Geschäftsführer) Täter einer Ordnungswidrigkeit nach § 26a Abs. 2 UStG sein kann (Rz. 190ff.). Nur unter den Voraussetzungen des § 26a Abs. 1 Nr. 3 UStG kann auch der Nichtunternehmer oder der Unternehmer, der eine Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet, Täter dieser besonderen Ordnungswidrigkeit sein.
Rz. 98
Die Unternehmereigenschaft stellt hier ein besonderes persönliches Merkmal i. S. d. § 9 Abs. 1 OWiG (i. V. m. § 377 Abs. 2 AO) dar. Gemäß § 9 Abs. 1 OWiG sind die besonderen persönlichen Merkmale insbesondere auch auf vertretungsberechtigte Organe einer juristischen Person – die selbst nur durch ihre Organe handlungsfähig ist –, vertretungsberechtigte Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft und auf gesetzliche Vertreter anwendbar. Nach § 9 Abs. 2 OWiG gilt dasselbe, wenn jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten beauftragt ist, den Betrieb ganz oder z. T. zu leiten, oder ausdrücklich dazu beauftragt ist, in eigener Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs obliegen. So kann z. B. der Geschäftsführer einer GmbH zum Täter der Ordnungswidrigkeit nach § 26a UStG werden, sowie auch der Steuerabteilungsleiter eines Unternehmens (Rz. 190).
Rz. 99
In subjektiver Hinsicht kann der Täter die Ordnungswidrigkeit vorsätzlich oder leichtfertig begehen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 26a Abs. 2 UStG und ist deshalb wichtig, weil die fahrlässige (leichtfertige) Begehung einer Ordnungswidrigkeit nur geahndet werden kann, wenn dies ausdrücklich im Gesetz angeordnet ist (§ 10 OWiG). Dabei dürfte die fahrlässige Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale des § 26a Abs. 2 UStG der Hauptanwendungsfall der Vorschrift sein, denn zumeist werden die einzelnen gesetzlichen Melde- und Aufbewahrungspflichten schlicht nicht oder (häufiger) nicht richtig beachtet oder gänzlich übersehen. Von einer vorsätzlichen Begehung dürfte auszugehen sein, wenn die Pflichten etwa im Rahmen der Begehung einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung zur Verdeckung der Tat nicht ausgeübt werden.
Rz. 100 einstweilen frei