Rz. 65
Bei der Verantwortlichkeit für das Handeln juristischer Personen ist darauf abzustellen, wer diese vertritt, denn die juristische Person selber ist strafrechtlich nicht verantwortlich, weil sie ohne ein vertretungsberechtigtes Organ nicht handlungsfähig ist. Die Erfüllung der steuerlichen Pflichten juristischer Personen obliegt nach § 34 Abs. 1 AO deren gesetzlichen Vertretern, so ist z. B. der Geschäftsführer einer GmbH rechtlich für die Erfüllung der Pflichten – also die Anmeldung und die Bezahlung der geschuldeten Steuern – i. S. d. § 13 Abs. 1 StGB verantwortlich.
Rz. 66
Hat die juristische Person nur einen verantwortlichen Vertreter, so muss dieser zur Verwirklichung des Tatbestands des § 26c UStG erstens vorsätzlich und zweitens gewerbs- oder bandenmäßig handeln. Hat aber z. B. eine GmbH oder ein Verein mehrere Vertreter (Geschäftsführer, Vorstände), so wird die Verantwortlichkeit der Erfüllung der steuerlichen Pflichten intern (im Wege der Geschäftsverteilung) häufig auf nur einen Vertreter übertragen. Bei GmbH's haben derartige Beschränkungen der Vertretungsmacht zwar im Außenverhältnis keine Wirkung, einer solchen Aufgabenverteilung kann aber bei verschuldensabhängigen Tatbeständen wie § 69 AO und eben auch § 26c UStG durchaus Bedeutung zukommen, insbesondere was die subjektiven Tatbestandsmerkmale und die besonderen persönlichen Merkmale des § 26c UStG angeht.
Rz. 67
Eine Aufteilung der Vertretungsmacht bedarf der Schriftform; in diesem Dokument müssen die Zuständigkeiten der Geschäftsführung in der juristischen Person klar geregelt sein. Die Pflichten der anderen Geschäftsführer treten allerdings nicht vollständig zurück, bei diesen Personen dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie um Pflichtverletzungen des anderen Geschäftsführers wussten oder dass sie jedenfalls hätten erkennen müssen, dass der für die steuerlichen Pflichten verantwortliche Geschäftsführer seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt. Für eine mögliche strafrechtliche Verantwortung nach § 26c UStG müssen die weiteren Geschäftsführer dann allerdings noch vorsätzlich gehandelt haben (wobei bedingter Vorsatz ausreicht), zusätzlich muss bei jedem Verantwortlichen ein gewerbs- oder bandenmäßiges Handeln vorliegen. Wenn das nicht der Fall ist, dann hat dieser Geschäftsführer eventuell nur den Ordnungswidrigkeitstatbestand nach § 26a Abs. 1 UStG verwirklicht. Dahingehende Unterscheidungen können gerade bei mittelständischen juristischen Personen dann erforderlich werden, wenn die Gesellschaft in irgendeiner Form in Umsatzsteuerkarussellgeschäfte "verwickelt" war, insbesondere wenn die geschuldete USt ab einem gewissen Zeitpunkt wegen Insolvenz nicht mehr gezahlt werden konnte. Hier sind mitunter aufwendige Ermittlungen zur Feststellung der Verantwortlichkeit erforderlich, die m. E. nur schwer zu Feststellungen hinsichtlich der Verwirklichung des Tatbestands des § 26c UStG führen werden.