2.1 Allgemeines
Rz. 7
Die in § 3 Abs. 11 UStG normierte Fiktion einer Leistungskette bewirkt, dass beide Leistungen (die an den Auftragnehmer erbrachte und die von ihm ausgeführte Leistung) inhaltlich gleich sind und zum gleichen Zeitpunkt erbracht werden. Da sich die Fiktion nur auf die Leistung selbst bezieht, sind nur leistungsbezogene Merkmale betroffen. Für die Leistungseinkaufskommission ist der BFH im Urteil vom 25.4.2018 davon ausgegangen, dass die auf das Verhältnis zwischen Drittem und Kommissionär anzuwendende (leistungsbezogene) Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG auch auf die Leistung zwischen Kommissionär und Kommittent als Besteuerungsmerkmal zu übertragen ist. Die Finanzverwaltung hat diese Rechtsprechung inzwischen in Abschn. 3.15 Abs. 3 S. 3 UStAE übernommen und geht davon aus, dass im Rahmen der Dienstleistungskommission für den Fall von § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG die Fiktionswirkung von § 3 Abs. 11 UStG auch für die Befreiungsvorschrift gilt und somit nicht nur die vom Kommissionär besorgte Leistung, sondern ebenso die von ihm fiktiv erbrachte Besorgungsleistung umsatzsteuerfrei ist.
Wenn eine Leistung, bei der der Kommissionär hinzutritt, von der Mehrwertsteuer befreit ist, gilt diese Befreiung auch im Rechtsverhältnis zwischen Kommittent und Kommissionär.
Dagegen sind personenbezogene Merkmale der an der Leistungskette Beteiligten bei der umsatzsteuerrechtlichen Würdigung weiterhin zu beachten und für jeden Umsatz isoliert zu prüfen. Dies kann z. B. für die Anwendung von personenbezogenen Steuerbefreiungsvorschriften von Bedeutung sein (z. B. § 4 Nr. 19a UStG) oder für die Bestimmung des Leistungsorts, wenn er z. B. von der Verwendung einer USt-IdNr. oder davon abhängig ist, ob die Leistung an einen Unternehmer oder einen Nichtunternehmer erbracht wird. Die Steuer kann nach § 13 UStG für die jeweilige Leistung zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstehen (z. B. wenn der Auftraggeber der Leistung die Steuer nach vereinbarten und der Auftragnehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet). Ferner ist als personenbezogenes Merkmal zu berücksichtigen, ob die an der Leistungskette Beteiligten Kleinunternehmer (§ 19 UStG) oder Land- und Forstwirte sind, die für ihren Betrieb die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG anwenden.
Der Bauunternehmer G besorgt für den Bauherrn B die sonstige Leistung des Handwerkers C, für dessen Umsätze die USt gem. § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird.
Das personenbezogene Merkmal – Kleinunternehmer – des C ist nicht auf den Bauunternehmer G übertragbar. Die Leistung des G an B unterliegt dem allgemeinen Steuersatz.
Rz. 8
Besonderheiten ergeben sich bei der kurzfristigen Vermietung von Ferienhäusern. Hier stellt sich im Hinblick auf die fingiert inhaltsgleiche Leistung (vgl. Rz. 7) die Frage, welche Leistung durch den eingeschalteten Unternehmer (Kommissionär im Leistungsverkaufsfall) ausgeführt wird. Aufgrund der fiktiv an ihn erbrachten und nach § 4 Nr. 12 S. 2 UStG steuerpflichtigen Vermietungsleistung könnte eine ebensolche im Verhältnis zum Dritten angenommen werden. Andererseits könnte wegen des Leistungsinhalts im Verhältnis zum Dritten auch eine unter § 25 UStG fallende Reiseleistung vorliegen. Nach früherer Auffassung der Verwaltung sollte § 25 UStG in diesem Zusammenhang keine Anwendung finden, wenn der Auftragnehmer im eigenen Namen und für fremde Rechnung auftritt. Nach Meinung des BFH ist die Sonderregelung des § 25 UStG jedoch unabhängig davon anwendbar, ob der Reiseunternehmer für eigene oder fremde Rechnung handelt, wenn er dem Reisenden gegenüber im eigenen Namen auftritt. Hieran anschließend wurde die Auffassung der Verwaltung zur Anwendbarkeit von § 25 UStG geändert. Danach erbringt der Auftraggeber an den eingeschalteten Unternehmer eine steuerpflichtige Vermietungsleistung, während der eingeschaltete Unternehmer eine nach § 25 UStG besteuerte Leistung an den Dritten erbringt. Dies scheint angesichts der als inhaltlich gleich angenommenen Leistungen wenig einleuchtend. Insoweit wäre die Annahme zweier Vermietungsleistungen oder die Annahme zweier Reiseleistungen konsistent. Im Hinblick auf diese Verwaltungsansicht zur kurzfristigen Vermietung von Ferienhäusern ergeben sich deshalb die in Rz. 15 Beispiel 1 dargestellten Rechtsfolgen.
Rz. 9 einstweilen frei